Einfluß der militärischen Lage aus die Politik der Reichsleitung.
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Seit Kriegsausbruch war man bestrebt gewesen, Rumänien zur
Erfüllung der bestehenden Bündnisverpflichtung anzuhalten und, wenn
möglich, mit Bulgarien und Griechenland zu einem festen Balkan-
block, dem als vierter Verbündeter die Türkei beitreten sollte, zum
Kamps gegen Rußland und Serbien zusammenzufügen. Erleichtert schien
eine solche Politik durch die von Bulgarien und der Pforte bereits am
24. und 28. Juli 1914 in Berlin gestellten Bündnisanträge, wenngleich
die vom letzten Balkankriege her bestehenden Gegensätze beider Staaten zu
Rumänien eine Verständigung erschwerten. Die Türkei hatte indes am
2. August 1914 einen förmlichen Bündnisvertrag mit Deutschland geschloffen.
Die sich hier bietenden Aussichten zur Erlangung neuer Bundesgenossen im
Kampfe gegen die östlichen Gegner waren jäh durchkreuzt worden durch die
offensichtlich feindliche Stellungnahme Englands gegen die Mittelmächte
und durch die Neutralitätserklärung Italiens'). Die Haltung Englands
zwang Griechenland mit seinen langgestreckten, von der See her gefährdeten
Meeresküsten zur unbedingten Neutralität, das Verhalten Italiens gab in
Bukarest den Ausschlag, einstweilen neutral zu bleiben. Beides war auch
für die Haltung der Türkei nicht ohne Einfluß; anstatt gemäß dem am
2. August abgeschlossenen Bündnisverträge sofort in den Krieg auf feiten der
Mittelmächte einzutreten, erklärte das Osmanifche Reich am 3. August seine
einstweilige bewaffnete Neutralität. Auch Bulgarien hatte die bereits
begonnenen Bündnisverhandlungen trotz Drängens der deutschen Regie-
rung hinausgezögert. Es war ersichtlich, daß sowohl Rumänien und
Bulgarien als auch die Türkei vor endgültigen Schritten die ersten
Kriegsentscheidungen abzuwarten entschlossen waren; für die Türkei
sprachen hierbei zwingende militärische Gründe mit, insbesondere die zur
Zeit unzureichende Kriegsbereitschaft. In der Folge hatten die Mittel-
mächte unter Ausnutzung der sich zunächst günstig entwickelnden militärischen
Lage in ihren Bemühungen nicht nachgelassen, die Türkei, Rumänien
und Bulgarien zum Anschluß an sie zu bestimmen. Trotz anfänglicher
Unstimmigkeiten zwischen den beteiligten politischen und militärischen
Stellen über die Frage des Einsatzes des etwaigen neuen Kräftezuwachses
und trotz mancher Schwankungen war es bis Anfang September gelungen,
Übereinstimmung darüber herzustellen, daß, falls die Politik der Gewinnung
neuer Bundesgenossen Erfolg haben sollte, die Türkei und Rumänien ihre
Hauptkräfte gegen Rußland einzusetzen hätten, während Bulgarien sich
gegen Serbien wenden sollte, um Österreich-Ungarn für den Kampf gegen
seinen Hauptgegner, Rußland, zu entlasten. An weiteren Aufgaben kamen
>) Band I, S. 36.