Volltext: Der Herbst-Feldzug 1914 ; 1. Im Westen bis zum Stellungskrieg, im Osten bis zum Rückzug (5. 1929)

Die Operationen in Frankreich und Belgien. 
und sein Generalstabschef standen indes den gemeldeten Vorgängen und den 
an sie geknüpften Hoffnungen vorläufig noch zweifelnd gegenüber. Der Ein¬ 
satz des Gardekorps und selbst des IV. Armeekorps bei Roye bot nach ihrer 
Meinung keinerlei Sicherheit, daß man hier wirklich zu einem Durchbruch 
gelangen werde. Die beiden Korps würden im übrigen auf dem ent° 
scheidenden rechten Armeeflügel so dringlich gebraucht, daß eine anderweitige 
Verwendung, mochte sie noch so erfolgverheißend erscheinen, kaum zu recht- 
fertigen war. Das Oberkommando entschloß sich daher, an den bisherigen 
Absichten unbeirrt festzuhalten. Sollte die Lage bei Roye sich dennoch 
grundlegend verändern und das Zurückgehen des Feindes dort größeren 
Amfang annehmen, fo war es immer noch möglich, die 1. Garde-Infanterie- 
Division, die am 1. Oktober den Vormarsch aus der Gegend von St. Quentin 
nach Nordwesten antreten sollte, und die 24 Stunden später nachfolgende 
2. Garde-Infanterie-Division auf Roye umzuleiten. 
Weit günstiger als von Kronprinz Rupprecht wurden nach wie vor 
die Aussichten eines Durchbruchs bei Roye beim Armee-Oberkommando 1 
und seit dem 30. Septembers auch bei der Obersten Heeresleitung beurteilt. 
Oberstleutnant Hentsch, der am Nachmittage dieses Tages an Stelle des 
Obersten v. Dommes als Verbindungsoffizier zum Armee-Oberkommando 6 
getreten war, hatte noch am Abend gemeldet, daß beim XVIII. Armeekorps 
ein „regelrechter Durchbruch" erfolgt fe?). General v. Falkenhayn drängte 
jetzt zu schärfster Ausnutzung des Erfolges. Cr wies am 1. Oktober vor- 
mittags beide Armeen darauf hin, daß es von höchster Bedeutung sei, 
Kavallerie-Zerstörungspatrouillen auf die Eisenbahnen südlich der Somme 
anzusetzen, wenn der Durchbruch gelinge. 
Die Entwicklung der Ereignisse bei Roye am 30. September ließ in 
der Tat Eile geboten erscheinen, wollte man den günstigen Augenblick nicht 
versäumen und dem Feinde Zeit geben, sich wieder zu setzen und Verstär- 
kungen heranzuführen. Für die Gründe des Zurückgehens der Franzosen 
hatte man keine rechte Erklärung. Vielleicht waren sie durch die besonders 
schweren Verluste, die sie bei der Erstürmung von Ehampien durch das 
deutsche XVIII. Armeekorps erlitten hatten, in ihrer Widerstandskraft er- 
schütter! Jedenfalls fand die 21. Infanterie-Diviston am 30. September die 
ftanzösischen Stellungen vor ihrer Front geräumt und konnte sich im Laufe 
des Tages ohne ernstere Kämpfe in den Besitz von Earrepuis, Roye und 
Roiglise setzen. Am Westrande von Roye geriet ihr Vorgehen jedoch ins 
*) S. 176s. — 2) Hierzu bemerkt General Krafft v. Dellmensingen in einer 
Zuschrift an das Reichsarchiv vom 11. April 1928: „Diese Meldung Hentschs, von 
der ich nichts erfahren habe, war sehr unvorsichtig und ging weit über die Wirklich- 
keit hinaus."
	        
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