Volltext: Der Marne-Feldzug ; [2]. Die Schlacht (4. 1926)

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Der Rückzug. 
10. September. Nacht vom 9. zum 10. September traf gegen 4° vormittags von der Obersten 
Heeresleitung eine Weisung ein, die dem im Generalstabe des Armee-Ober- 
kommandos 1 und der unterstellten Generalkommandos bestehenden, leb- 
hasten Wunsche nach baldiger Wiederaufnahme der Offensive entgegenkam. 
Sie lautete: „Die 2. Armee ist hinter die Marne, rechter Flügel Dormans, 
zurückgegangen. Die 1. Armee stellt sich rückwärts gestaffelt bereit. Um- 
fassung des rechten Flügels 2. Armee ist durch Angriff zu verhindern." 
Diese neue Weisung der Obersten Heeresleitung stand nach der Ansicht des 
Armeeführers in völligem Widerspruch mit dem bestimmten Befehle des 
Oberstleutnants Hentfch, der nicht nur den Rückzug der 1. Armee hinter die 
Aisne für nötig erachtet hatte, sondern sogar bereits Andeutungen über einen 
etwa erforderlich werdenden weiteren Rückzug dieser Armee bis in die 
Gegend von La Före gemacht hatte. Nach Auffassung des Generalobersten 
v. Kluck und seines Chefs war eine neue Offensive am 10. September ganz 
unmöglich. Hierzu wäre die Armee wohl befähigt gewesen, wenn man ihr 
am 9. September mittags gestattet hätte, den siegreichen Angriff durch- 
zuführen. Dann war sie am 10. September zu allen Aufgaben bereit, ins- 
besondere auch dazu, sich mit starken Kräften gegen die Engländer zu wenden. 
Nachdem jedoch der durcheinandergewürfelten Armee nach fünftägiger 
Schlacht völlig unvorbereitet der Rückzug befohlen und, der Weisung ent- 
sprechend, bereits am 9. September eingeleitet worden war, konnte sie, nach 
Auffassung des Oberbefehlshabers, am 10. September keinesfalls wieder 
von einem oder mehreren der erschienenen Generalstabsoffiziere mir gegenüber Aus- 
druck gegeben wurde. Cs ist sehr wohl möglich, daß auf die Frage, ob nicht ein 
erneutes Vorgehen in Betracht käme, ich ein solches nicht sllr ausgeschlossen erklärt 
habe. Das hätte meiner damaligen Anschauung entsprochen, nach der, wenn die Lage 
am nächsten Tage die Möglichkeit dazu bieten sollte, zunächst eine Abschüttelung der 
Engländer und Wiedergewinnung des Anschlusses an die 2. Armee anzustreben war. 
In diesem Zusammenhange habe ich möglicherweise auch daraus hingewiesen, daß die 
Lage sich schon mehr geklärt haben werde, wenn die Armee auf ihrem Rückmarsch 
erst einmal die Höhe von Villers Cottersts erreicht habe, und daß dann unter Um- 
ständen ein neuer Entschluß gefaßt werden könne. Ganz ausgeschlossen ist es aber, 
daß ich in einem »mündlichen Zusatz zum Armeebefehl« den Armeekorps »anHeim- 
gestellt« hätte, den Rückzug am 10. nur bis in die Höhe von Villers Cottersts aus- 
zuführen. Dazu war ich nicht befugt, und ich hätte das niemals ohne Einverständnis 
des Chefs getan und auch dann einen solchen Zusatz nur unter genauer Feststellung 
seines Wortlautes den Vesehlsempsängern diktiert. Ich würde auch niemals zugelassen 
haben, daß einer der Generalstabsoffiziere des Armee-Oberkommandos in meiner 
Gegenwart einen solchen Zusatz zum Armeebefehl machte. Da ich mich für diese am 
9. September stattgehabte Befehlsausgabe verantwortlich fühle, liegt mir daran, dies 
ausdrücklich festzustellen." Der damalige Generalmajor v. Kühl hebt in einer Zu- 
schrist vom 21.Januar 1926 hervor, daß ihm von diesem ganzen Vorgange nichts 
bekannt sei.
	        
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