Weisungen der Obersten Heeresleitung vom 10. September 530 nachmittags. 329
Flügelarmee zurückweicht. Oberstleutnant Hentfch betont, daß nur der
drohende Durchbruch die Rückwärtsbewegung veranlaßt (habe). Unsere
Truppen hatten alle französischen Frontalangriffe bisher abgeschlagen und
hätten sich ihrer auch noch weiter erwehren können ... — Man hofft, daß
die 1. Armee im Zurückgehen Anschluß an die 2.Armee gewinnt."
Generaloberst v. Moltke scheint damals in der Annahme, daß beim
Eintreffen des Oberstleutnants Hentsch beim Oberkommando 1 dessen
Rückzugsentschluß bereits feststand, Hentschs Anordnungen gebilligt zu
haben. Den Widerspruch, der zwischen der Meldung der 1. Armee, daß
sie auf Anordnung der Obersten Heeresleitung zurückgehe, und den Angaben
des Oberstleutnants Hentsch bestand, hat er offenbar bei seiner seelischen
Überreizung im Drange der Geschäfte übersehen.
Auf Grund der nunmehr geklärten Lage gingen um 530 nach¬
mittags neue Weisungen an die Armeen. Sie lauteten: „Seine Majestät
befehlen: 2. Armee geht hinter die Vesle zurück. Linker Flügel Thuizy.
1. Armee erhält Weisungen von 2. Armee. 3. Armee hält im Anschluß an
2. Armee Linie Mourmelon le Petit—Francheville au Moivre. 4. Armee
im Anschluß an die 3. Armee nördlich des Nhein-Marne-Kanals bis
Gegend Revigny. 5. Armee bleibt in den erreichten Stellungen. V. Armee-
korps und Hauptreserve Metz sind zum Angriff gegen Forts Troyon—
Les Paroches—Camp des Romains angesetzt. Die von den Armeen
erreichten Stellungen sind zu befestigen und zu behaupten. Die ersten
Teile der 7. Armee, XV. Armeekorps und VII. Refervekorps, erreichen
am 12. September mittags etwa Gegend St. Ouentin—Sissy, Verbindung
von 2. Armee dorthin aufnehmen."
Die Lage schien wesentlich entspannt, das Schlimmste, der
allgemeine Rückzug, abgewandt; den Rückschlag auf dem rechten
Heeresflügel hoffte man in Kürze durch das Eingreifen der neugebildeten
7. Armee ausgleichen zu können. Die allgemeine Stimmung hob sich
zusehends, um so mehr, als auch vom ostpreußischen Kriegsschauplatze in
der zehnten Abendstunde recht erfreuliche Nachrichten kamen: Die 8. Armee
meldete einen vollen Sieg: „Vorläufig 60—70 Geschütze, einige Tausend
Gefangene . . . Verfolgung wird morgen, 11. September, sehr energisch
fortgesetzt, und wir hoffen die Kriegsbeute noch erheblich zu vergrößern".
Die zuversichtliche Stimmung war indes nicht von langer Dauer!
Die im Laufe des späteren Abends und während der Nacht eingehenden
Meldungen waren zum Teil geeignet, das Vild der Lage wieder in düsterem
Lichte erscheinen zu lassen. Am die mitternächtliche Stunde brachte der Draht
aus Ostpreußen eine enttäuschend wirkende, ergänzende Meldung: „Cr-
scheint fraglich, ob Nennenkampf entscheidend geschlagen werden kann, da