Volltext: Die Operationen des Jahres 1915 ; [1]. Die Ereignisse im Winter und Frühjahr (7. 1931)

M.Mmnk. M. 17, SMe 4 
Das Welttriegswerl 
des Ireichsarchivs 
Oie Operationen des Jahres 1915 
Die Darstellung öes Kriegsjahres 1914 hat int 
6. Banö seinen Abschluß gesunden, während mit dem 
vorliegenden 7. Bande die Schilderung der mili- 
Lürischen Operationen öes Jahres 1915, im besonderen 
mit den Operationen des Winters und Frühjahres 
1915 begonnen wird"). Der in den früheren 
Bänden geschilderte Bewegungskrieg hatte eine geß 
wisse Ausführlichkeit verlangt, die beim Stellungs-, 
krieg ohne Beeinträchtigung des Ganzen zurückgestellt 
werden konnte. Es sollen jetzt unter Ausscheidung 
der weniger wichtigen Vorgänge im besonderen die 
großen Linien der operativen Kriegsführung und 
der Vorgänge an den Kampffronten vom Januar bis 
Mai 1915 zur Anschauung gebracht werden. Im 
Osten war der Bewegungskrieg für mehrere Monate 
wieder aufgelebt, während im Westen der reine 
Stellungskrieg herrschte. Im einzelnen werden be¬ 
handelt der Feldzug im Westen bis Mitte April 1915, 
die Feldzüge im Osten bis zum Frühjahr 1915, die 
wechselnden Pläne des Generals v. Falkenhayn 
und der Feldzug in Galizien bis Mitte Mai 1915«, 
Zu Beginn wird eingehend untersucht, wo der 
Schwerpunkt der Kriegsfüyrung im Januar 1916 lag. 
Immer mehr trat der Einfluß der Außenpolitik auf 
die Kriegführung hervor, in deren Mittelpunkt stand, 
Italien und Rumänien neutral zu halten oder 
wenigstens ihren Kriegseintritt möglichst lange 
hinauszuschieben. Nach mancherlei Schwierigkeiten 
und Meinungsverschiedenheiten wurden die Ent¬ 
schlüsse für die weitere Führung der Operationen so 
gefaßt, daß der Schwerpunkt zunächst im Osten liegen 
und dementsprechend die Kräfte verteilt werden 
sollten. 
An der Westfront beschloß General Joffre dis 
im Dezember 1914 begonnene Champagneoffensive 
fortzusetzen, indes an den übrigen Frontabschnitten 
kleinere Unternehmungen stattfanden. Als erkannt 
war, daß die deutsche Heeresleitung den Schwerpunkt 
ihrer Operationen nach dem Osten verlegte, entschloß 
sich Joffre zusammen mit den Engländern zu einem 
großen Angriff auch im Artois, dessen Endzweck war, 
zusammen mit dem Angriff in der Champagne den 
zwischen beiden Frontabschnitten liegenden Teil der 
deutschen Front abzuschnüren. Diese beiden An¬ 
griffe im Februar und März ebenso andere kleinere 
hatten nicht den erhofften Erfolg, denn an keiner 
Stelle fiel eine Entscheidung, die einen wesentlichen 
Einfluß auf den Stellungskrieg gehabt hatte. 
Anfang öes Jahres entwickelten sich die ersten 
Kämpfe im Osten. Nachdem im Januar die deutsche 
Südarmee gebildet war, kam der österreichische Ent- 
jcyluß zum Angriff tu ucu Karpathen zur Aussühi- 
rung. Er sollte dem russischen zuvorkommen, dessen 
Ziel der Einbruch in Ungarn war. Trotz mancher 
Erfolge fiel hier nicht die gewünschte Entscheidung 
infolge der nicht zweckentsprechenden Kräfteverteilung. 
Dagegen boten Angriffe an der deutschen Ostfront 
mehr Aussicht auf Erfolg, die in Westpolen, in West?, 
und Ostpreußen bis Ende April stattfanden. Si6 
hatten, zumal in der Winterschlacht in Masuren, 
große Erfolge, waren sehr wechselvoll, konnten aber 
operativ nicht völlig ausgewertet werden. 
Nachdem nun an keiner Stelle eine Entscheidung 
gefallen war, hatte General v. Falkenhayn die ver¬ 
schiedensten Pläne für die weitere Führung der 
Operationen. Er dachte an einen Angriff gegen 
Serbien unter Berücksichtigung der Lage der Türkei, 
auf dem Balkan, an den Dardanellen und von 
Italien, kam auch auf einen Angriff an der West¬ 
front zurück und entschloß sich dann doch noch, um 
Österreichs Lage gegenüber Rußland zu sichern, zu 
einer neuen Offensive im Karpathengebiet. Diese 
fand bei Gorliee — Tarnow statt. Jetzt wird die 
Durchbruchsschlacht von Gorliee eingehend dargestellt, 
beginnend mit den sorgfältigen Vorbereitungen, die 
Schlacht selbst, ihre operativen Auswirkungen bis 
zum 10. Mai, die Verfolgung bis zum San vom 11. 
bis 13. Mai und an den Anschlutzfronten bis Mitte 
Mai. Dieser Durchbruch von Gorliee ist Falken-, 
Hayns Verdienst, der nun auch in den folgenden 
Kämpfen über das hinausging, was ursprünglich be¬ 
absichtigt war, Entlastung der Österreicher. Bei ihm 
bildete sich allmählich der Gedankengang aus, nach 
der Niederwerfung der Ofsensivkraft der Russen folgt 
die Bezwingung Serbiens und dann der Ent- 
scheidungsangriff auf der Westfront. Vielleicht hätte 
die erste Aufgabe zu einem früheren Zeitpunkt in 
Angriff genommen werden können. 
Dieser neue Band des Reichsarchivwerkes gibt 
einen sehr guten, klaren Überblick über die Er¬ 
wägungen und Entschlüsse der deutschen Führung, wiü 
er auch die Heeresleitungen der Gegner einer Unter¬ 
suchung unterzieht. In den Schlachtschilöerungen 
sind in klarer WMse die operativen und taktischen 
Momente herausgearbeitet und zur Darstellung ge¬ 
bracht. Aus ihnen ist zu ersehen, mit welchen un¬ 
geheueren Schwierigkeiten Führung und Truppe zu 
kämpfen hatten. Wenn auch die Handlungen auf den 
verschiedensten Kriegsschauplätzen abwechselnd be¬ 
trachtet werden, so ist trotzdem die Einheitlichkeit des 
Handelns und des Zusammenhanges gewahrt. 
Die im vorliegenden Band begonnene Darstellung 
der Offensive im Osten wird in dem bald erscheinen¬ 
den 8. Band fortgesetzt, der auch einen Rückblick auf 
den ganzen Zeitraum enthalten wird. Ein dritter 
Band (9.) wird noch das Jahr 1915 behandeln- die 
Jahre 1916 bis 1917 werden dann kürzer gefaßt 
werden, während dem für den Kriegsausgang so be¬ 
deutsamen Jahre 1918 wieder ein breiter Raum ge¬ 
währt werden soll. Jedenfalls bringt dieser Band 
wieder eine treffliche übersichtliche Darstellung der 
Ereignisse und steigert die Erwartung auf den neuen 
Band mit seinen folgenschweren Ereignissen. 
Oberstleutnant a. D. Dr. F. Stuhlmann.
	        
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