Volltext: Die Operationen des Jahres 1915 ; [1]. Die Ereignisse im Winter und Frühjahr (7. 1931)

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Der Entschluß zum Durchbruch bei Gorlice. 
Der Oberbefehlshaber der Nordwestfront schenkte diesen Nachrichten indessen 
keinen Glauben^); er meinte, wenn die Deutschen wirklich etwas Ernstliches 
vorhätten, würden sie ihre Truppen nicht lange vorher bereitstellen, denn ihre 
Bahnen seien leistungsfähig genug, sie im letzten Augenblick überraschend 
heranzuführen. Immerhin nahm er für alle Fälle zwei Korps (XV. der 
12. Armee und XIX. der 1. Armee) als Reserven hinter die Front, während 
er gleichzeitig die 63. Reserve-Division außerdem an die Südwestfront ab¬ 
zugeben hatte. Vom 22. bis 25. April besuchte der Zar die Südwestfront 
und verlieh dem Großfürsten einen Georgssäbel mit der Aufschrift: „Für 
die Befreiung Galiziens". 
Am 26. April wurde das Bündnis der Verbandsmächte 
mit Italien abgeschlossen^), am folgenden Tage^) ließ der Großfürst 
die Nordwestfront wissen, daß Angriffsunternehmungen künftig seiner aus¬ 
drücklichen Erlaubnis bedürften; solche nach Ostpreußen hinein kämen über¬ 
haupt nicht in Frage. Vielmehr behalte mit Rücksicht auf das soeben ab¬ 
geschlossene italienische Bündnis der Angriff über die Karpaten seine ent¬ 
scheidende Bedeutung und müsse mit allen Mitteln gefördert werden. Die 
Rordwestfront sollte daher nochmals eine Division zur Abgabe bereitstellen. 
Die Südwestsront wurde zu weiterem örtlichen Vorgehen gedrängt. General 
Iwanow aber versprach sich nur von einem allgemeinen Angriff Erfolg und 
gab zur Antwort, er rechne darauf, solchen Angriff etwa um Mitte Mai 
wieder aufnehmen zu können. Ob dieser Zeitpunkt allerdings innegehalten 
werden konnte, mochte wegen der überaus ernsten Munitionslage zweifel¬ 
haft sein. Darüber hatte sogar der französische Botschafter Paleologue 
am 9. April aufgezeichnet: „Wie kann der Kaiser unter solchen Amständen 
daran denken, nächsten Monat eine Generaloffensive gegen Schlesien zu 
unternehmen?" 
Etwa für dieselbe Zeit hatte General Ioffre in seiner Antwort auf die 
Mahnung vom 10. April auch einen großen Angriff der Westmächte in 
Aussicht gestellt und angeregt, man müsse auch Serbien zu neuem Vor¬ 
gehen antreiben. Der Großfürst wandte sich daher an den serbischen Kron¬ 
prinzen. Die Antwort, die von diesem am 22. April einging, lautete, es 
müste erst eine 12- bis 15tägige Verpflegungsreserve angesammelt werden; 
das aber glaubte man (nach einer späteren Nachricht) bis gegen Mitte Mai 
leisten zu können. Spätestens bis zum 26. Mai erklärte Italien, zum 
Angriff bereit zu sein. Wenn man dessen Heer auch nicht besonders hoch 
1) Tatsächlich sind zu dieser Zeit von deutscher Seite irreführende Nachrichten 
verbreitet worden. 
2) Iswolski im Weltkriege, S. 191. 
3) Njesnamow II, S. 23. — Vontsch I, S. 102.
	        
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