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Die deutsche Oberste Heeresleitung am 3. und 4. September.
Soweit die Dinge auf dem rechten Heeresflügel zu übersehen waren,
bestand somit keine Gefahr, daß die 1. Armee vor die Front der 2.
geriet und deren Verfolgungsrichtung in ungünstiger Weise beeinflußte.
Letztere wußte man seit dem Morgen des 3. September in unaufhaltsamem
Vorgehen über die Aisne in der Richtung auf die Marne"). Ihr rechter
Flügel strebte auf Chuteau Thierry, ihr linker auf Vinson (östlich
Dormans). Die Fortnahme von Reims war eingeleitet. Ein sehr günstiges
Vild gab dann kurz nach 7°abends die Meldung des Generalobersten
v. Vlllow'): „Armee verfolgt heute, dem Feinde hart an der Klinge, bis
über Marne. Feind flutet auch südlich Marne in voller Auflösung zurück.
Marne-Brücken teilweise zerstört. Sind Befehle für 2. Armee?" Der
Chef des Generalstabes des Feldheeres ließ umgehend antworten: „Mit
Maßnahmen einverstanden, südliches Marne-Afer gewinnen." Indessen,
so erfreulich auch die — übrigens stark übertreibende — Votschaft der
2. Armee klang, die entscheidende Frage, ob es gelingen würde, die Fran-
zosen in der gewünschten Richtung von Paris abzudrängen, blieb in der
Schwebe.
Auch begannen sich ernste Zweifel zu regen, ob der Gegner auf seiner
übrigen Front hinreichend gefesselt wurde. Da die 3. Armee, die tags
zuvor unter dauernden Gefechten die Suippes erreicht hatte, nach einer in
der Nacht vom 2. zum 3. September eingelaufenen Meldung heute noch
Vortruppen über die Marne vortreiben wollte, bestand die Hoffnung, daß
sie weitere Truppeneinladungen des Feindes in der Gegend nördlich
Chälons unterbinden würde. Ein spät abends mitgehörter Funkspruch ihres
Armee-Oberkommandos an die 2. Armee ließ jedoch ersehen, daß die
gesteckten Ziele im Laufe des Tages noch nicht erreicht waren. Die Armee
wollte in der kommenden Nacht mit ihren Anfängen — rechter Flügel bei
Tours — die Marne-Übergänge gewinnen. Ernste Gefechtsberührung mit
stärkeren Kräften des Feindes schien nicht mehr zu bestehen.
Auch die Verfolgung der 4. A r m e e machte schnelle Fortschritte.
Sie war am Abend des 2. September unter Kämpfen mit feindlichen Nach-
hüten bis Somme Py—Autry gelangt und wollte heute mit stark vorge-
nommenem rechten Flügel die Linie Courtisols—Courtömont erreichen.
Sehr wichtig war das gegen Mittag durch Fernspruch gemeldete Ergebnis
ihrer Fliegeraufklärung'). Zunächst bestätigte auch sie die schon tags zuvor
von der 3. Armee gemeldeten Truppeneinladungen des Feindes in der
Gegend nördlich Chg,lons. Weiterhin berichtete sie über starken Zugverkehr,
der am Vormittag des heutigen Tages aus der Vahn Ste. Metiehould—
Revigny wahrgenommen war, sowie über schwachen Zugverkehr aus der
i) S, 216. — -) S. 242. — 3) S. 258.