Ungewißheit über die Lage des rechten Heeresfiügels.
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im Großen Hauptquartier unbekannt. Erst später') gab ein ausführlicher
Funkspruch des Armee-Oberkommandos 1 genauere Auskunft. Danach
hatten Vorhuten der 1. Armee und ihr Kavalleriekorps am 1. und 2.Sep¬
tember nur noch englische Nachhuten gefaßt und in heftigen Gefechten geworfen,
das II. Armeekorps östlich Senlis eine französische Infanterie-Division und
die englische Kavallerie-Division geschlagen. Die Hauptkräfte der Eng-
länder waren aber über Dammartin—Meaux ausgewichen. Nach Flieger-
Meldungen sollten auch bereits südlich der Marne-Strecke Meaux— La
Ferts sous Iouarre Truppenansammlungen stattfinden. Die I.Armee
hatte sich nicht mit dem Zurückwerfen der englischen Nachhuten begnügt,
sondern wollte aufs neue den Versuch machen, die linke Flanke der sran-
zösifchen Hauptkräfte zu fassen, da „starke französische Masten im Rückzug über
Fgre en Tardenois und östlich Richtung Chateau Thierry—Dormans"
festgestellt waren. Zu diesem Zwecke war ihr linkes Flügelkorps, das IX.,
dorthin abgedreht worden, das III. folgte rechts gestaffelt östlich Croup.
Das Ergebnis dieses Vorstoßes war bei Absendung des Funkspruchs am
Abend des 2. September noch unbekannt gewesen. Obwohl die Marne-
Strecke La Ferte sous Iouarre—Chöteau Thierry bisher vom Feinde noch
frei sein sollte, billigte Generaloberst v. Kluck einem Versuche, die Marne
am 3. September zu überschreiten, doch nur eine „unsichere Aussicht" zu.
Die Deckung gegen Paris war dem I V. Reservekorps bei Creil und dem
II. Armeekorps östlich Senlis übertragen. Das IV. Armeekorps stand als
Bindeglied zwischen beiden Armeeflügeln östlich Nanteuil. Die Oberste
Heeresleitung sah aus dieser noch ohne Kenntnis ihres Befehls vom
Abend des 2. September abgefaßten Meldung, daß die 1. Armee bestrebt
war, unter Aufrechterhaltung der ihr übertragenen Aufgabe des Heeres-
slankenschutzes mit Teilkräften zum Gelingen der operativen Absicht des Ab-
drängens der Franzosen nach Südosten beizutragen. Daß ihr linker Füge!
bei diesem von ihr für aussichtsvoll gehaltenen Versuche im Augenblick noch
nicht in das ihm zugedachte Verhältnis der Nückwärtsstaffelung hinter der
2. Armee kam, mochte der Obersten Heeresleitung unbedenklich erscheinen,
da Generaloberst v. Kluck sich offenbar selbst die Marne als Grenze für
den Vorstoß nach Südosten gesteckt hatte. Aus diesem Grunde wurde
wohl auch davon abgesehen, die 1. Armee noch einmal ausdrücklich darauf
hinzuweisen, daß sie im weiteren Verlauf der Operation der 2. rechts
gestaffelt folgen sollte.
x) S, 214. Genaue Cintreffezeit ist nicht feststellbar. Auf der Entzifferung des
Funkspruchs findet sich ein Eingangsvermerk „2°N.", doch ist es fraglich, er von
ber Operationsabteilung oder von einer anderen Abteilung der Obersten Heeres-
leitung, die Mitkenntnis erhielt, eingetragen ist.