Die 2. Armee erreicht die Marne am 3. September.
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flute. Anter diesen Umständen maß das Armee-Oberkommando der Meldung
des Gardekorps vom Anmarsch starker Kräfte von Reims her von vorn-
herein keine große Bedeutung zu. Auch daß allein das X. Armeekorps an
der Marne Widerstand gefunden hatte, ließ nicht darauf schließen, daß der
Feind den Flußabschnitt nachhaltig und längere Zeit zu halten beabsichtige.
Bei vorübergehender Anwesenheit beim Höheren Kavalleriekommandeur 1
überzeugte sich der Armeeführer nachmittags selbst davon, daß das
IX. Armeekorps der rechten Nachbararmee bei Chkteau Thierry den
Marne-Äbergang ziemlich mühelos erzwungen hatte und südlich des Flusses
in erfolgreich fortschreitendem Gefechte stand. Das Armee-Oberkommando 1
bestätigte das bis zum Abend in mehreren Funksprüchen und gab dabei die
Absicht kund, am nächsten Tage die Verfolgung mit seinem linken Flügel
über Montmirail auf Csternay fortzusetzen.
Bereits um 8° vormittags war die Weisung der Obersten Heeresleitung
eingegangen, daß die Franzosen in südöstlicher Richtung von Paris ab-
gedrängt werden und die mit dem Flankenschutz des Heeres betraute
1. Armee der 2. gestaffelt folgen sollten. In einem weiteren, um 8*° abends
eingehenden Funkspruch erklärte sich der Chef des Generalstabes des Feld¬
heeres mit den inzwischen gemeldeten Maßnahmen des Armee-Ober¬
kommandos 2 einverstanden und stellte als Aufgabe hin, „das südliche
Marne-User zu gewinnen". Generaloberst v. Vülow war der Ansicht, daß
der Versuch, den in voller Auflösung zurückflutenden Feind in südöstlicher
Richtung abzudrängen, wenn überhaupt, so jedenfalls nur dann Aussicht
auf Gelingen bot, wenn seine zur Zeit in rein frontaler Verfolgung be-
griffene Armee Bewegungsfreiheit behielt, um rechts überholend ausgreifen
zu können. Cr empfand es daher als „äußerst störend"''), daß die 1. Armee
sich durch den Linksabmarsch über Chateau Thierry vor seinen rechten Flügel
geschoben hatte. Gewiß stand sie dort sehr günstig zur Ausbeutung der
augenblicklichen Lage. Da sie jedoch nach dem Befehl der Obersten Heeres-
leitung der 2. rechts gestaffelt folgen sollte, mußte ihre Einwirkung auf den
Feind sehr bald aufhören, und die 2. Armee wurde inzwischen in eine Rich-
tung gezwungen, in der sie die ihr dann zufallende Aufgabe, den Feind nach
Südosten zu drängen, unmöglich erfüllen konnte. Roch bedenklicher freilich
erschien Generaloberst v. Bülow die abends vom Armee-Oberkommando 1
angekündigte Fortsetzung der Verfolgung in der Richtung auf und über
Montmirail. Dadurch wurde einerseits die 2. Armee genötigt, in ihrer für
unwirksam gehaltenen Richtung zu verharren, anderseits entstand die
Gefahr, daß die rechte Nachbararmee den ihr übertragenen Schutz der
Heeresflanke nicht mehr in ausreichendem Maße ausübte.
*) v, Blllow, Mein Bericht zur Marneschlacht S. so.
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