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Die Operationen der 1. und 2. Armee bis zur Oife.
über den Verbleib des Feindes herrschte nur insoweit Klarheit, als die
Engländer im Rückzug in der allgemeinen Richtung über St. Quentin und
die französische 5. Armee südlich der Oise-Strecke Guise—Hirsau angenommen
wurden. Die Verfolgung der Engländer fiel nach Lage der Dinge in erster
Linie der rechten Nachbararmee zu. Mangels ausreichender Aufklärungs¬
ergebnisse ließen sich sichere Schlüsse auf das fernere Verhalten des Feindes
nicht ziehen. Insbesondere mußte es fraglich bleiben, ob die Franzosen sich
hinter der Oise zu neuem Widerstand setzen oder ihren Rückzug, vielleicht
unter Deckung durch starke Nachhuten, fortsetzen würden. Einer um 10°
abends im Armee-Oberkommando eingehenden Meldung des Gardekorps
war nur zu entnehmen, daß die deutschen Vorposten bei Froideströes von
Etrsaupont her Artilleriefeuer erhalten und daß nach Aussage von Landes¬
einwohnern') „starke französische Truppen aller Waffen die Höhen südlich
der Oise zwischen Cntre deux Bois und der Gegend von Etreaupont"
sowie Autreppe besetzt hatten. Generaloberst v. Vülow rechnete damit, daß
er in jedem Falle den Oife-Abfchnitt nicht ohne Kampf werde gewinnen
können. Hierzu schien ihm sorgfältige Erkundung und planmäßiger Ansatz
der Kräfte zum Angriff erforderlich. Es war daher ursprünglich seine Ab-
sicht, am 28. August seine Armee unter Vornahme ihres rechten Flügels
(14. Infanterie-Division und X. Reservekorps) bis in die Linie Fresnoy
le Grand—Seboncourt—le Petit Verly in den erreichten Unterkünften
ruhen und nur gegen die Oise aufklären zu lassen. Der Ruhetag war auch
erwünscht, um der linken Nachbararmee, der 3., die am 27. August den Sor-
monne-Abschnitt mit dem rechten Flügel bei Auvillers erreichen wollte,
Gelegenheit zum Wiederanschluß und zu engerem Zusammenwirken mit der
2. Armee zu geben. Eine entsprechende Aufforderung erging um 6*° abends
an Generaloberst Freiherrn v. Hausen.
Die in diesem Sinne erlassenen Anordnungen erlitten am späten Abend
des 27. August einige Änderungen, als sich herausstellte, daß die beiden
Nachbararmeen ihren Vormarsch in exzentrischen Richtungen fortsetzen
wollten: die 1. Armee aus der Linie Eombles—Vrancourt nach Westen
gegen die Somme, die 3. Armee auf dringendes Ersuchen der südlich Sedan
im Kampf stehenden 4. Armee nach Südosten über Signy l'Abbaye—Thin
le Moutier auf Le Ehesne—Ehsmery.
Hiernach war auf ferneres Zusammenwirken mit der 3. Armee nicht
mehr zu rechnen. Ihrer gleichzeitig ausgesprochenen Bitte um Rückendeckung
durch die 2. Armee konnte weder nach der taktischen Lage noch wegen der
großen räumlichen Entfernung entsprochen werden. Desto größeren Wert
*) Die Landeseinwohner hatten die deutsche Kavallerie für englische gehalten.