Volltext: Die Befreiung Ostpreußens (2. 1925)

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Der österreichisch-ungarische Aufmarschplan und der Kriegsbeginn. 
ohne Angriffsabsicht — in den Vordergrund*)." Am Abend des 30. Juli 
wurde beim Kaiser Franz Joseph auch für Österreich-Ungarn die allgemeine 
Mobilmachung beantragt. Dabei erwartete der Ministerpräsident Graf 
Berchtold von dem Aufmarsch in Galizien auch den Krieg mit Rußland. 
General v. Conrad aber beruhigte ihn damit, daß, „wenn die Russen uns 
nichts tun, wir ihnen auch nichts zu tun brauchten. Die Lage sei nicht zum 
verzweifeln, wenn die eigene Mobilmachung rechtzeitig verfügt wird; es 
ständen dann anfänglich 27 y2 eigene Infanterie-Divisionen gegen etwa 
35 russische". Man beschloß, den Feldzug gegen Serbien durchzuführen. 
Die allgemeine Mobilmachung wurde aber aus nicht bekannten Gründen 
erst für den 1. August in Aussicht genommen, den mit Rücksicht auf den 
fortschreitenden Aufmarsch gegen Serbien letzten noch zulässigen Tag. 
Während dieser Hergänge hatten sich beim deutschen Großen General¬ 
stabe in Berlin die Nachrichten über die kriegerischen Vorbereitungen Ru߬ 
lands derart gehäuft, daß man in dem Hinauszögern der österreichisch-unga¬ 
rischen allgemeinen Mobilmachung eine schwere Gefahr sah. Wie General 
v. Conrad berichtet?), habe Generaloberst v. Moltke in einem am 31. Juli 
früh in Wien eingehenden Telegramm auf sofortige Gesamtmobilmachung 
gedrängt und auch die Mobilmachung des deutschen Heeres in Aussicht ge¬ 
stellt. An diesem Tage um ll30 vormittags befahl Kaiser Franz 
Joseph die allgemeine Mobilmachung für Heer und Flotte. 
Daß Rußland seinerseits die allgemeine Mobilmachung schon am 30. Juli 
angeordnet hatte, war aber in Wien am 31. Juli noch nicht bekannt; man 
rechnete vielmehr immer noch mit der Möglichkeit, daß es Deutschland 
gelingen werde, Rußland vom Eingreifen in den serbischen Krieg abzu¬ 
halten. So drahtete auch Kaiser Franz Joseph noch in den ersten Nach¬ 
mittagsstunden dieses Tages an den Deutschen Kaiser: „. . . die im Zuge 
befindliche Aktion meiner Armee gegen Serbien kann durch die bedrohliche 
und herausfordernde Haltung Rußlands keine Störung erfahren." 
Hatte man es im deutschen Generalstabe schon nicht verstanden, 
als General v. Conrad am 31. Juli vormittags mitteilen lieh, daß er trotz 
der russischen Teilmobilmachung den Krieg gegen Serbien durchzuführen 
gedenke, so verstand man die Drahtung des verbündeten Monarchen noch 
weniger, denn in Berlin war inzwischen um 1140 vormittags die russische 
allgemeine Mobilmachung vom Botschafter aus Petersburg amtlich 
!) Conrad IV, S. 275. 
-)Ebenda, S. 152 — in den deutschen Akten hat sich hierüber bisher nichts 
finden lassen.
	        
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