Volltext: Die Befreiung Ostpreußens (2. 1925)

Ende August. — Der Entschluß, den Angriff gegen Galizien durchzuführen. 265 
Ostpreußen rasch fertig zu werden. Seit dem 26. August trug sich die 
Oberste Heeresleitung daher mit dem schon erwähnten*) Gedanken, die 
Masse der 1. Armee mit der Bahn über Warschau aus das westliche Weichsei¬ 
ufer zu verschieben8). Noch am 28. August erwiderte der Generalquartier¬ 
meister Danilow in diesem Sinne auf die Einwände der Nordwestfront: 
„Es ist doch unmöglich, auf dem rechten Weichselufer neun Korps zu be¬ 
lassen, während das ganze Gewicht der weiteren Operationen auf dem 
linken Ufer liegt8)." Die Nachrichten von der ungünstigen Lage bei der 
2, Armee machten diesen Gedanken zunächst ein Ende. Daß dort ein Unglück 
„von entscheidender Bedeutung" eintreten könne, nahm die Oberste Heeres¬ 
leitung aber auch am 29. August noch nicht anH. 
Gleichzeitig schloß die schwierige Lage zwischen Weichsel und 
Bug, wo die 4. und 5. Armee durch überlegenen Feind bedrängt wurden, 
ein weiteres Zurückhalten starker Kräfte bei Warschau aus. Man dachte 
daran, diese Verbände, von denen die Vorhut der 2. Garde-Infanterie- 
Division schon Petrikau erreichte, zum Angriff aus dem linken Weichselufer 
nach Süden, über Radom anzusetzen. Die Nordwestfront meldete am 
28. August, daß dazu 48 Bataillone verfügbar sein würden. Die Oberste 
Heeresleitung hat dann aber, wahrscheinlich wegen der dringlichen Lage an 
der galizischen Front, aus diese operativ besonders wirkungsvolle Angriffs¬ 
richtung verzichtet. Auf Radom ging im wesentlichen nur Kavallerie 
vor. Am der 4. Armee schnell zu helfen, begann am 29. August der 
Abtransport der 1. Garde-Infanterie-Division mit der Bahn nach Iwan- 
gorod, am folgenden Tage wurde die 9. Armee bis auf einen Rest von 
l3/4 Kavallerie-Divisionen der Heeresgruppe der Südwestfront unterstellt, 
und auch das anrollende XXII. Korps dorthin bestimmt5). 
Die niederschmetternde Nachricht vom völligen Zusammenbruch 
der 2. Armee zwang dann, den Plan eines Vorgehens „tief nach 
Deutschland hinein" bis auf weiteres ganz aufzugeben und auch auf die 
Eroberung Ostpreußens zunächst zu verzichten. Es war nicht möglich, an 
dem von Frankreich gewünschten Angriff gegen Deutschland noch weiter 
festzuhalten. 
Am 2. September hatte der Oberste Befehlshaber Großfürst Nikolaus 
. !) S. 232. 
a) Niederschrift der russischen Obersten Heeresleitung vom 26. August (Strategischer 
Überblick, S. 75, Zichowitsch, S. 55). 
3) Zichowitsch, S. 54. 
4) Gespräch Danilows mit der Nordwestfront (Zichowitsch, S. 57). 
5) Zichowitsch, S. 57 und 149/50.
	        
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