Volltext: Die Befreiung Ostpreußens (2. 1925)

Anfang September. - Die Auffassung der deutschen Obersten Heeresleitung. 265 
volle Gültigkeit : auch das Schicksal Österreichs würde nicht am Bug, sondern 
an der Seine endgültig entschieden werden1). Dort aber war die Ent¬ 
scheidung noch nicht gefallen. Schon die Abgabe der zwei Korps nach 
Ostpreußen hatte sich als wahrscheinlich verfrüht erwiesen. Um so weniger 
durfte die Oberste Heeresleitung jetzt an weitere Schwächung des West- 
heeres denken. 
Aber auch ein Vorgehen aus Ostpreußen auf Sjedlez war trotz des 
Tannenberger Sieges noch nicht möglich. Die russische Narew-Armee 
war wohl entscheidend geschlagen, und was von ihr nach Polen entkommen 
war, war durch die Niederlage so geschwächt, daß der Weg nach Warschau, 
oder auch östlich daran vorbei, offen lag, solange die Russen nicht neue 
Truppen heranführten. Der Widerstand an der im Frieden ausgebauten 
Narew-Linie wäre unter diesen Umständen vielleicht nicht allzu hart¬ 
näckig gewesen. Aber man behielt doch beim weiteren Vorgehen die 
großen Wafsenplätze Nowogeorgiewsk und Warschau in der westlichen 
Flanke, das stark ausgebaute Ossowjez und Brest - Litowsk, sowie vier 
aus dem Innern Rußlands heranführende zweigleisige Bahnen in der 
östlichen. Und im Rücken stand gleichzeitig die Armee Rennenkampf 
ungeschlagen, durch neue Kräfte verstärkt und daher der deutsche,: 
8. Armee — auch nach Eintreffen der aus dem Westen anrollenden deutschen 
Korps - an Zahl überlegen. Diese russische Armee brauchte nur anzu¬ 
treten, dann brach die Operation über den Narew zusammen. Die 
russische Njemen-Armee aber in Schach zu halten und gleichzeitig mit 
anderen Teilen eine weit nach Süden reichende Offensive durchzuführen 
überstieg auch die Kraft der Sieger von Tannenberg. 
So konnte das nächste Ziel der deutschen Operationen im Osten nur 
die Vernichtung der Njemen-Armee sein, dann erst hatte ein Vormarsch 
weit nach Süden, den Verbunoeren entgegen, Aussicht aus Erfolg. In 
dieser Auffassung waren die deutsche Oberste Heeresleitung und das 
Oberkommando der 8. Armee schon vorher einig. In diesem Sinne wurde 
nun auch dem österreichisch-ungarischen Armee-Oberkommando geantwortet. 
Die Armeen der Donau-Monarchie mußten vorläufig noch 
auf ihre eigene Kraft und das deutsche Landwehrkorps ange¬ 
wiesen bleiben. Dabei hatte man nach den Siegen der verbündeten 
I, und 4. Armee zu den weiteren Operationsabsichten des Generals 
v. Conrad volles Vertrauen. Die ungünstige Auffassung des Generals 
». Freytag über den Zustand der österreichisch-ungarischen Truppen trat 
demgegenüber in den Hintergrund, zumal da die Tannenberger Schlacht 
') S. 14.
	        
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