Die russische Nord Westfront am 28. und 29. August.
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General v. Rennenkamps, mit zwei Korps und drei Kavallerie-Divisionen
nach Westen vorzurücken- um den gegen die Narew-Arrnee kämpfenden
Deutschen in den Rücken zu gehen, die übrigen Teile sollten diese Be¬
wegung gegen Königsberg decken. Als Ziele wurden Wormditt für
das Kavalleriekorps (2 Divisionen), See bürg—Bischofsburg für die 1. Ka¬
vallerie-Division und die Linie Preußisch-Eylau—Bartenstein—Bischof-
stein für das IV. und II. Korps gegeben1). Sie wurden im Laufe des
29. August im wesentlichen erreicht, doch kam die 1. Kavallerie-Division
angesichts der gegenüberstehenden deutschen Kavallerie nur bis östlich
Bischofstein.
Inzwischen hatte General Samsonow am 28. August morgens ein¬
gehend über die Niederlage seiner Flügelkorps berichtet. Daraufhin befahl
das Oberkommando der Nordwestfront den Rückzug der Armee aus Ottels¬
burg—Mlawa?). Ob dieser Befehl den General Samsonow je erreicht hat,
steht dahin. Aber erst in der Nacht zum 29. August scheint man bei der
Heeresgruppe die ganze Größe der Gefahr erkannt zu haben. Ob die Fahrt,
die derOberdefehlshaber der Heeresgruppe, GeneralShilinski, am29.August
zur Obersten Heeresleitung nach Baranowitschi unternahm, mit dieser Lage
im Zusammenhang stand, ist nicht bekannt. Die Njemen-Armee erhielt nun¬
mehr erneut den Befehl, „angesichts des scharfen Kampfes an der Front
der 2. Armee" mit zwei Korps und der Kavallerie in der allgemeinen
Richtung auf Allenstein vorzugehen. Bald daraus aber erfuhr die Heeres¬
gruppe auch, daß die Narew-Armee im Rückzüge zur Grenze sei.
Damit schien es für eine Unterstützung durch die Njernen-Arrnee zu spät,
diese selbst war dabei gefährdet. General Shilinski befahl, die soeben be¬
gonnenen Bewegungen ihrer Infanterie wieder anzuhalten.
Inzwischen aber hatte sich am 29. August mit der Besetzung Willen¬
bergs durch deutsche Truppen der Ring um 2x/2 Korps der Narew-Arrnee
geschlossen. Diese Lage wurde in der Nacht zum 30. August bei der
Heeresgruppe der Nordwestfront insoweit bekannt, als deutsche Truppen
von Neidenburg her die Gegend von Iqnowo erreicht hatten. Die
Njemen-Armee, die gerade im Begriff war, ihr IV. und II. Korps dem
zuletzt erhaltenen Befehl entsprechend wieder zurückzunehmen, erhielt nun
doch noch einmal einen Befehl zum Vorgehen. Diesmal sollte aber
nur Kavallerie eingesetzt werden. Die Weisung lautete: „General
Samsonow hatte am 28. August mit dem XIII., XV. Korps und Teilen
*) Radus-Senkowitsch im Sbornik, Heft 4, S. 86/87.
2) gichowitsch im Sbornik, Heft 5, S. 145/46.