Lage der Westgruppe am 26. August abends.
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5, Reserve-Division stehengeblieben war, erfuhrx) das Generalkommando
des XX. Armeekorps erst am 26. August abends, das Armee-Ober¬
kommando erst nach Ausgabe der Befehle für den folgenden Tag.
Das Armee-Hauptquartier der deutschen 8. Armee war im Lause
des 26. August von Riesenburg nach Löbau verlegt worden. Am Abend
dieses Tages war das Oberkommando dort, trotz ausreichender Fern¬
sprechverbindungen zu den Generalkommandos und trotz der Entsendung
von Nachrichtenoffizieren, doch nur unvollkommen über die Lage an der
Front unterrichtet. Soviel ließ sich aber jetzt schon übersehen: Das Er¬
gebnis des Tages entsprach bei weitem nicht dem, was das Armee-
Oberkommando für den 26. August beabsichtigt und befohlen hatte. Das
I. Armeekorps war erst spät angetreten. Daß der Angriff aus Usdau
noch gar nicht begonnen hatte, war eine schwere Enttäuschung; der
Angriff des XX. Armeekorps war nur auf dem äußersten rechten Flügel
in Fluß gekommen.
Im einzelnen lägen folgende Nachrichten vor: Fm Rücken des I. Armee¬
korps hatten starke Teile der russischen 15. Kavallerie-Division wieder
versucht, zwischen Strasburg und Soldau nach Norden vorzustoßen;
weiterer Feind war hier aber nirgends festgestellt worden. Ein Bataillon
des Landwehr-Regiments 19 (20. Landwehr-Brigade) und der Eisen¬
bahn-Panzerzug der Festung Thorn muhten ausreichen, hier Ordnung
zu schaffen, denn der Angriff des I.Armeekorps durste durch Abgaben
für Nebenzwecke nicht geschwächt werden. Das Korps war jetzt mit
seinen fechtenden Truppen voll versammelt. Ihm stand aber für den
27. August die Hauptaufgabe noch bevor. Sie war durch das im Laufe
des Tages gemeldete Eintreffen russischer Verstärkungen von Mlawa her
noch schwieriger geworden, als sie ohnehin schon war. Flieger hatten
vormittags eine verstärkte Infanterie-Brigade bei Soldau, ein Regiment
bei Mlawa, dort außerdem 12 bis 14 Eisenbahnzüge festgestellt. Nach
aufgefangenen Funksprüchen war das russische I. Korps im Laufe des
Tages durch Garde-Regimenter verstärkt worden, vielleicht von der zum
russischen XXIII. Korps gehörigen 3. Garde-Infanterie-Division, vielleicht
aber auch vom russischen Gardekorps selbst, das, bisher bei der Njemen-
Armee angenommen, nach Agentennachrichten jetzt von Wilna auf War¬
schau abgedreht sein sollte. So bestand beim Armee-Oberkommando
abends der Eindruck, daß eine starke russische Gruppe, der von Süden
l) Noch um 610 abends meldete das Generalkommando an das Armee-Oberkommando:
„3. Reserve-Division auf Hohenstein vorgegangen".