Volltext: Die Befreiung Ostpreußens (2. 1925)

Die Lage in Ostpreußen am 23. August. 
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Die russische Njemen-Armee unter General v. Rennenkamps war 
durch die Luftaufklärung auch am 22. August morgens mit ihrem Gros 
noch auf dem Schlachtfelds vom 20. festgestellt worden. Rur Vortruppen 
und Streisabteilungen waren gegen die Angerapp und Inster gefolgt 
und hatten erstere bei Darkehmen und Nemmersdorf überschritten. 
Durch die vorausgegangenen Kämpfe war die Zusammensetzung und 
Stärke der Njemen-Armee teilweise bekanntgeworden. Sie zählte min¬ 
destens 3 Korps, 1 Schützen-Brigade und Kavallerie-Divisionen. 
Dahinter waren Verstärkungen angekommen. Man rechnete dabei in 
erster Linie mit dem russischen Gardekorps, von dessen Abfahrt nach Wilna 
man wußte, und das man jetzt bei Pillkallen, hinter dem Nordflügel 
der Armee annahm1). Nördlich der Inster war bisher kein Feind. 
Die Absichten der Russen ergaben sich, wenn sie überhaupt noch 
zweifelhaft sein konnten, aus einem russischen Befehl, den das deutsche 
I. Neservekorps bei Gawaiten erbeutet hatte und jetzt vorlegtest. Danach 
sollte die russische 1. Armee den hinter der Angerapp vermuteten Gegner 
angreifen, die 2. ihm in den Rücken gehen. Das abwartende Verhalten 
der Njemen-Armee entsprach dem nicht. Es bestätigte die Friedens¬ 
ansicht des Generalstabes, daß die Russen in ihren Bewegungen langsam 
und schwerfällig seien und nicht verständen, eine günstige operative Lage 
schnell auszunutzen. So wuchs die Hoffnung, daß es gelingen könne, auch 
die deutsche Ostgruppe gegen die Narew-Armee zu führen. And doch 
mußte man sich wieder sagen, daß General v. Rennenkamps jetzt, da 
seine Reiterei die Angerapp-Stellung unbesetzt gesunden hatte, klar 
sehen mußte. Es konnte gar nicht anders sein, als daß er wieder antreten 
und, so schnell er konnte, nach Westen vorrücken werde. Auch ein aufge¬ 
fangener russischer Funkspruch deutete auf solche Absicht hin. Er sprach 
vom Übergang zum Angriff und einem Angriffsbefehl für das russische 
IV. Korps. 
Für den neuen Oberbefehlshaber der 8. Armee und seinen General- 
stabschef stand von Anfang an der Entschluß fest, die Trennung der 
russischen Armeen zu einem entscheidenden Schlage gegen die Narew- 
Armee auszunutzen. Dieser Schlag konnte nur gelingen, solange die 
Armee Nennenkampf noch weit genug von der Armee Samsonow getrennt 
war. Die Zeit dräugte, zumal auch für den Kamps selbst mehrere Tage — 
st S. 98. 
st Es war eine gekürzte Wiedergabe der „Direktive" des russischen Heeresgruppen- 
Kommandos der Nordwestfrvnt vom 13. August (S. 67).
	        
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