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Die ersten Maßnahmen des neuen Oberkommandos.
90 abends fuhr Generalmajor Ludendorss von Coblenz ab, 4° nachts
bestieg der neue Oberbefehlshaber in Hannover den Sonderzug.
General der Infanterie v. Hindenburg war nach langjähriger
Verwendung im Generalstabe 1911 als Kommandierender General des
IV. Armeekorps in Magdeburg aus dem aktiven Dienst ausgeschieden
und lebte seitdem in Hannover. Nachdem der Kaiser über seine Dienste
bisher nicht verfügt hatte, kam ihm die neue Verwendung überraschend.
Seinen Generalstabschef sah er zum ersten Male. ^General Ludendorss
trug ihm kurz die Lage vor, dann legte man sich schlafen. Alles Weitere
mußte sich in Marienburg ergeben.
2. Die Ankunft in Marienburg am 23. August und die grund¬
legenden Befehle zur Schlacht.
(Karte 1 und 4.)
Am 23. August 2° nachmittags traf General v. Hindenburg mit
General Ludendorfs in Marienburg ein. Der Stab des Oberkommandos
meldete sich bei seinen neuen Vorgesetzten. Die Stimmung war frostig
und gedrückt. Es fand sofort Vortrag über die Lage statt. Jetzt erst
ergab sich, daß auch das bisherige Oberkommando einen Schlag gegen die
Narew-Armee plante. Die Ansichten des Generalmajors Grünert und
des Oberstleutnants Hossmann stimmten mit denen ihrer neuen Vor¬
gesetzten durchaus überein.
Die Lage hatte sich im Osten weiter günstig entwickelt. Sie bot
folgendes Bild:
Bei den Verbündeten stand der Beginn der Offensive in spätestens
einer Woche bevor. Der Chef des österreichisch-ungarischen Generalstabes,
General v. Conrad, hatte von neuem1) um Unterstützung durch einen
Vorstoß über den Narew gebeten. Dieser Bitte zu entsprechen war
vorerst nicht möglich. — Auf dem linken Flügel der Österreicher war
das deutsche Landwehrkorps unter General der Infanterie v. Woyrsch
kampflos bis über Petrikau hinaus vorgerückt. Es rechnete jetzt mit
einem russischen Vorstoß aus Warschau. Die Gegend westlich dieser
Stadt war von stärkeren russischen Kräften frei. — Von Schorn aus
hatte eine deutsche Abteilung Wlozlawek besetzt.
Die russische Narew-Armee, zu der nach den bisherigen Nach¬
richten das I., VI., XIII., XV. und XXIII. Korps und die 4., 5., 6. und
15. Kavallerie-Division zu gehören schienen, unter General der Kavallerie
Samsonow, hatte in etwa 60 km Breite am 22. August abends die