Volltext: Die Befreiung Ostpreußens (2. 1925)

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Die Abberufung des Generalobersten v. Prittwitz. 
schluß an eigene Truppen suchte, hatte sie aber den Weg nach Westen 
noch frei gefunden und brachte nun sogar 500 Gefangene zurück. — Am 
22. August trat der Gegner im Süden wie im Osten erst spät an und 
drängte nirgends. Der Flügel der Narew-Armee reichte nach Westen 
über Mlawa nicht hinaus. So hatte beim deutschen Armee-Oberkom¬ 
mando der Gedanke immer festere Gestalt gewonnen, die Armee nach 
dem rechten Flügel zu versammeln, um etwa aus der Linie Thotn—Allen¬ 
stein einen Offensivstoß zu machen. Daneben wurde jetzt auch der Vor¬ 
schlag der Obersten Heeresleitung, den Ostflügel der Narew-Armee an¬ 
zupacken, in ernstere Erwägung gezogen. Vielleicht konnte man die 
Narew-Armee beiderseits umfassen! Dieser Gedanke lag bei der gleich¬ 
artigen Ausbildung aller deutschen höheren Führer und Generalstabs- 
offiziere sozusagen in der Luft1). So hat auch Generaloberst v. Prittwitz 
in einem in der Nacht vom 21./22. August abgefaßten Bericht die Absicht 
ausgesprochen, „falls der Feind den General v. Scholtz zurückdrängt, 
unter Umständen" auch mit dem I. Reservekorps und dem XVII. Armee¬ 
korps von Osten her flankierend gegen ihn einzugreifen. 
Generaloberst v. Prittwitz und sein Generalstabschef sollten aber 
nicht mehr berufen sein, diese Absichten und Gedanken in die Tat umzu¬ 
sehen. Ob es ihnen gelungen wäre, sie zu einem „Tannenberg" auszu¬ 
gestalten, kann hier nicht entschieden werden. Seit dem Rückzüge von 
Gumbinnen hatte das Ansehen des Armee-Oberkommandos bei einzelnen 
der unterstellten höheren Kommandobehörden aber doch stark gelitten. 
So muß es zweifelhaft erscheinen, ob es noch ausreichte, um in der aufs 
höchste gespannten Lage den Willen der Führung bei den an große 
Selbständigkeit gewöhnten Kommandierenden Generalen — namentlich 
gegenüber dem des I. Armeekorps — kraftvoll durchzusehen. 
') Der Gedanke ist damals nicht nur beim Armee-Oberkommando und der Obersten 
Heeresleitung erörtert worden, sondern hat, ganz unabhängig davon, auch in den Er¬ 
wägungen des XX. Armeekorps eine Rolle gespielt.
	        
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