Volltext: Die Befreiung Ostpreußens (2. 1925)

21. August. — Das Eingreifen der Obersten Heeresleitung. 105 
dem Westen in naher Aussicht stand. Daran aber war am 21. August nach in 
keiner Weise zu denken. Die Wirkungen einer Räumung Ostpreußens blieben 
nicht aus dieses Gebiet beschränkt. Drangen die Russen bis an die Weichsel 
vor, und das war zu erwarten, dann fesselten sie dort die deutsche 8. Armee 
mit geringen Kräften und gewannen selbst völlig freie Hand gegen Posen und 
Schlesien oder gegen Österreich-Ungarn. Sie konnten sich mit erdrückender 
Übermacht gegen das verbündete Heer wenden, das gerade in diesen Tagen 
aus Galizien zur Offensive östlich der Weichsel antreten wollte. Der Rückzug 
der 8. Armee aus Ostpreußen hätte die Donau-Monarchie vor eine kaum 
noch lösbare Ausgabe gestellt und aller Voraussicht nach auch den Rückzug 
ihres Heeres zur Folge gehabt. So galt es, alles daranzusetzen, 
um die 8. Armee östlich der Weichsel zu halten. 
Dafür, daß neben den zwingenden Gründen der großen Kriegführung 
etwa auch kulturelle, wirtschaftliche oder rein örtliche Rücksichten den Ent¬ 
schluß der Obersten Heeresleitung beeinflußt hätten, sind keinerlei Anhalts¬ 
punkte bekannt geworden. Wohl überließ man bei Aufgabe des Gebietes 
östlich der Weichsel blühendes deutsches Land und Städte alter Kultur der 
Gewalt russischer Soldaten. Unersetzbare Bestände an Pferden und Vieh 
und die ganze Ernte hätte man preisgeben müssen, besonders seit dem 
Eintritt Englands in den Krieg wirtschaftlich kein leichter Entschluß. Trotz¬ 
dem würde er gefaßt worden sein, wenn die Weiterführung der Operationen 
es nötig gemacht hätte. Gerade sie aber forderte das Festhalten Ostpreußens. 
Dieser Grund allein war ausschlaggebend. 
Rach Ansicht des Generalobersten v. Moltke war es für die 8. Armee 
nur dann möglich, sich weiterhin östlich der Weichsel zu halten, wenn sie 
dort nochmals einen Kampf wagte mit dem Ziele, eine der beiden russischen 
Armeen entscheidend zu schlagen. War das gegen die Njemen-Armee 
nicht mehr möglich, dann sollte es gegen die Rarew-Armee versucht werden. 
Dazu mußten aber die deutschen Kräfte mehr zusammengehalten werden, 
als es vom Oberkommando der 8. Armee nach seiner letzten Meldung 
beabsichtigt zu sein schien. Auch schätzte Generaloberst v. Moltke, der nicht 
so unmittelbar unter dem Eindruck der Ereignisse und der Nachrichten vom 
Kampsfelde stand wie das Armee-Oberkommando, die Operationsfähigkeit 
der Russen nicht so hoch ein, daß er eine Schlacht gegen die Narew-Armee, 
selbst mit der Armee Rennenkamps in Flanke oder Rücken, für unmöglich 
hielt. Dabei dachte er sich die Masurischen Seen als Flankenschutz. In 
diesem Sinne suchte zunächst der Generalquartiermeister, Generalleutnant 
v. Stein, am Fernsprecher auf den Generalstabsches der 8. Armee ein¬ 
zuwirken, indem er ihm vor allem einen Angriff längs der Seenkette 
nach Süden gegen den Ostflügel der Narew-Armee nahelegte.
	        
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