Volltext: Die Befreiung Ostpreußens (2. 1925)

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Die Abberufung des Generalobersten v. Prittwih. 
den Kampf bei Gumbinnen. Abends war vom Stellvertretenden General¬ 
kommando des I. Armeekorps in Königsberg eine Nachricht des Generals 
v. Fran?ois nach Coblenz gelangt. Danach hatte das I. Armeekorps 
einen vollen Sieg errungen: „Viele Gefangene, viel Material, Feind auf 
der ganzen Linie im Rückzug. Der Kampf wird morgen fortgesetzt." — 
Hm so größer war die Enttäuschung, als in der Nacht die Meldung des 
Generalobersten v. Prittwitz folgte: „Da starke Kräfte von Warschau— 
Pultusk—Lomsha im Vormarsch, kann ich die Lage vor meiner Front 
nicht ausnützen und trete noch in der Nacht Rückmarsch nach Westpreußen 
an. Soviel als möglich Bahntransport." Diese Meldung wurde am 
frühen Morgen des 21. August durch nähere Angaben über den Schlacht- 
verlauf ergänzt. Dabei wurde festgestellt, daß sich der Angriff im Lause 
des Tages auf der ganzen Front festgelaufen habe. Der Oberbefehls¬ 
haber habe sich daher auf die Nachrichten über den Warschauer Feind 
hin entschlossen, „zunächst hinter die Angerapp zurückzugehen". Das 
schien mit der in der Nacht gemeldeten Absicht im Widerspruch zu 
stehen. Da über den schweren Rückschlag beim XVII. Armeekorps bis 
dahin nichts gemeldet war, stand man in Coblenz unter dem Eindruck, 
daß ein durchaus aussichtsreicher Kampf abgebrochen worden sei. So 
fragte die Oberste Heeresleitung am 21. August früh beim Oberkom¬ 
mando an: „Seine Majestät verlangt klare Angabe, was tat¬ 
sächlich beabsichtigt ist, ob Offensive nicht möglich ist." 
Das Armee-Oberkommando antwortete, eine Offensive gegen die 
Njemen-Armee sei jetzt nicht mehr möglich. Es begründete diese Antwort 
nunmehr auch mit dem Zustande des XVII. Armeekorps und gab Einzel¬ 
heiten über Anordnungen und Absichten: Das I. Reservekorps solle eine 
befestigte Stellung an der Angerapp halten, das XVII. Armeekorps 
möglichst weit nördlich ausholend gegen die Weichsel zurückgehen, das 
I. Armeekorps, wenn möglich, mit der Bahn nach Graudenz gefahren 
werden. Fn Coblenz gewann man aus dieser Meldung den Eindruck, daß 
die 8. Armee in vollem Rückzüge zur Weichsel sei und dabei ihre an sich 
schon schwachen Kräfte auch noch arg zersplittere. Ein solcher Rückzug 
muhte hinter der Weichsel enden. 
Die Oberste Heeresleitung sah in dem Zurückgehen hinter die 
Weichsel einen so schweren Nachteil, daß Generaloberst v. Moltke dazu, wie 
er es auch schon in der Anweisung für den Aufmarsch der 8. Armee fest¬ 
gelegt hatte, nur „im äußersten Notfälle" sein Einverständnis geben konnte. 
Ein solcher Rückzug war allenfalls zu ertragen, wenn kräftige Hilfe aus
	        
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