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Die Schlacht bei Gumbinnen.
bürg) aus Kleszowen, mit der 36. Reserve-Division nördlich daneben.
Generalleutnant v. Be low wollte seinen Auftrag, die Flanke des XVII.
Armeekorps zu decken, durch Angriff auf den im Marsch von Goldap
nach Norden angenommenen Gegner lösen. Während des Vormarsches
änderte sich das Bild der Lage: Die Nachricht, daß der Feind Kleszowen
schon erreicht habe, erwies sich als falsch. Er war nur bis Goldap gekommen.
Unter diesen Umständen ließ der Oberbefehlshaber dem I. Reservekorps
noch in der Nacht sagen, es solle diesen Gegner nicht vereinzelt angreifen,
sondern abwarten, bis weitere Kräfte im Norden, bei Gumbinnen, frei
wären. Die Entscheidung dort sei zunächst das Wichtigste.
Nach einem Nachtmarsch aus schwierigen Landwegen, der nicht
weniger anstrengend war als der des aktiven XVII. Armeekorps, und
ausgehalten durch entgegenkommende Flüchtlingsscharen, erreichte das
I. Reservekorps am 20. August gegen 8° vormittags mit der 1. Reserve-
Division Kleszowen. Sie sollte sich hier zur Abwehr des Goldaper Feindes
bereitstellen, die 36. Reserve-Division nördlich davon bei Friedrichsberg—
Königsselde haltmachen. Von Nordosten schallte heftiger Kanonendonner
herüber; aus der Richtung von Goldap aber lagen bisher keine neuen Nach¬
richten vor. Da dem Korps keine Flieger zugeteilt waren, war man für die
Aufklärung auf seine Kavallerie (6 Reserve-Schwadronen) angewiesen. Aber
Generalleutnant v. Below wußte die 3. Reserve-Division rechts rückwärts
seines Korps im Anmarsch von Kutten auf Benkheim. Er trug daher keine
Bedenken, schon um 780 vormittags für seine Divisionen den Weitermarsch
nach Nordosten zu befehlen, um in die Schlacht des XVII. Armeekorps
einzugreifen oder den Goldaper Gegner zu stellen, falls er über Gawaiten
oder noch weiter östlich nach Norden marschiere.
Das Armee-Oberkommando war mit dieser Absicht des I. Reserve¬
korps nicht einverstanden. Es hatte in den Morgenstunden durchweg
günstige Nachrichten vom Stande des Kampfes bei Gumbinnen und hielt
das Eingreifen des I. Reservekorps dort nicht für nötig. Dagegen hatte
das Oberkommando von seinen eigenen Fliegern Nachrichten, daß bei
Goldap und südlich etwa zwei feindliche Korps hielten. Es befahl daher
dem I. Reservekorps, bei Kleszowen und Königsfelde stehen zu bleiben.
Daraufhin hielt Generalleutnant v. Below sein Korps um 1030 vormittags
wieder an. Die 1. Reserve-Division hatte mit der Vorhut gerade Ga¬
waiten erreicht, die 36. Königsselde. Die 3. Reserve-Division war vom
Armee-Oberkommando bei Benkheim ebenfalls festgehalten worden.
Zwischen ihr und dem I. Reservekorps bestand keine unmittelbare Ver¬
bindung. — Fn solcher Lage wurde das I. Reservekorps völlig über¬
raschend von Süden her angegriffen: