Zweites Rapitel.
Der Feldzugsplan im Jahre J9I4.
Aber den französischen Aufmarsch lagen bei Beginn des Krieges
sichere Nachrichten nicht vor. Der deutsche Generalstab nahm an, daß
unter dem Schutz der Grenzschutztruppen und der an der französischen
Ost- und Nordostgrenze gelegenen Befestigungen das französische
Feldheer sich in und westlich der Linie Belfort—Mezieres versammeln
würde: Die Hauptmasse zentral vereinigt und tief gegliedert, so daß sie
unverzüglich nach Osten, Norden oder Süden eingesetzt werden konnte,
aus den Flügeln schwächere Kräfte als Flankenschutz, zwischen der Haupt¬
masse und den Flügelarmeen beträchtliche Zwischenräume. Fm einzelnen
machte man sich folgendes Bild des Aufmarsches:
Fe eine Armee bei Epinal, bei Toul und bei Vouziers—Nethel,
eine starke Gruppe (armees de manceuvre), wahrscheinlich in zwei
Armeen gegliedert, westlich der mittleren Maas, etwa innerhalb des
Raumes Sie. Menehould—Neufchateau (südwestlich Toul)—Chaumont
—CHLlons s. M., zum Teil vielleicht zunächst noch weiter rückwärts an
geeigneten Eisenbahnpunkten zurückgehalten,
je ein Armeekorps, möglicherweise verstärkt durch einige Reserve-
Divisionen, an der mittleren Maas bei St. Mihiel—Verdun und auf dem
äußersten linken Flügel bei Maubeuge,
je eine Reserve-Divisions-Gruppe von vier bis sechs Divisionen
aus dem rechten Flügel bei Lure—Besoul und aus dem linken Flügel
bei Laon—La Fere.
Die Stärke einer Armee wurde auf drei bis fünf Armeekorps, eine
oder mehrere Kavallerie-Divisionen und schwere Artillerie des Feldheeres
geschätzt. Die Zuteilung einer oder mehrerer mobiler Territorial-Divisionen
und Brigaden hielt man für möglich. Bon den dann noch übrigen etwa
acht Reserve-Divisionen nahm man an, daß sie in den Verband der armees
de manceuvre treten oder zur Besetzung der befestigten Maaslinie ver¬
wendet werden würden.
Die Gesamtstärke des gegen Deutschland eingesetzten französischen
Feldheeres (einschließlich der Erenzschutztruppen, aber ausschließlich der
Festungstruppen) berechnete der deutsche Generalstab auf