Unterschied der Auffassungen Schliessens und Moltkes.
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der Schluß ziehen, daß General v. Moltke von dem operativen Grund¬
gedanken seines Vorgängers, wonach die Hauptentscheidung durch einen
starken rechten Flügel gesucht werden sollte, abzuweichen gewillt war.
Indessen legen doch manche seiner Äußerungen in den Schlußbesprechungen,
die er auf den von ihm selbst geleiteten Generalstabsreisen hielt, die
Deutung nahe, daß er von der entscheidenden Wirkung, die sich Gras
Schliessen in jedem Falle von dem Durchmarsch durch Belgien nach
Nordsrankreich hinein mit dem so stark als möglich gemachten rechten
Flügel versprochen hatte, nicht in gleichem Maße überzeugt gewesen ist.
Für Graf Schliessen lag in der unbeirrten Durchführung der deutschen
Offensive bis in die linke Flanke und in den Rücken des feindlichen Heeres
das schlechthin entscheidende Moment der Gesamtoperalion. Er war davon
durchdrungen, daß hiermit dem Feinde, auch wenn dieser selbst das Schwer¬
gewicht seiner Offensive in die deutschen Reichslande oder gar auf das
rechte Rheinuser legte, das Gesetz diktiert und er zur schleunigen Umkehr
und zum Frontwechsel gezwungen würde. Demgegenüber hat General
v. Moltke mehrfach ausgesprochen, daß für die Deutschen die Fortsetzung
der großen Heeresschwenkung durch Belgien nach Nordfrankreich hinein
in dem Augenblick gegenstandslos werden müsse, wo der Feind die Haupt¬
entscheidung auf seinem rechten Flügel in den Reichslanden suche. General
v. Moltke hielt es in solchem Falle für richtig, alle in Belgien irgend ver¬
fügbaren Kräfte durch Abmarsch nach Süden dieser Hauptentscheidung zu¬
zuführen.
Weltkrieg. I. Land.
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