Volltext: Die Grenzschlachten im Westen (1. 1925)

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Rückblick. 
Linie bedroht war. Die offenkundigen Vorteile und Sicherheiten, die das 
Bündnis mit Deutschland Österreich-Ungarn für feilte Balkanpolitik ge¬ 
boten hatte, hätten dem anderen Partner, dem Deutschen Reiche, wohl 
ein Recht gegeben, dafür von seinem Bundesgenossen die zahlenmäßige 
und innere Stärkung seiner Wehrmacht zu fordern. Von diesem An¬ 
rechte hat Deutschland indessen in den letzten Jahrzehnten vor dem Kriege 
keinen nennenswerten Gebrauch gemacht. 
Es hätte nahegelegen, diesen Mangel der Rüstung durch scharfes 
Zusammenfassen aller Kräfte der Verbündeten auszugleichen und spätestens 
mit Beginn der Operationen einen einheitlichen Oberbefehl für die Leitung 
des Bundeskrieges herzustellen. Dies war indessen nicht der Fall. Fm 
Gedankenaustausch mit dem österreichisch-ungarischen Generalstabschef war 
es Generaloberst v. Moltke im Frieden lediglich gelungen, eine einheitliche 
Zielsetzung für die Führung der Operationen aus dem westlichen und 
östlichen Kriegsschauplatz sicherzustellen. Zunächst sollte durch Deutschland 
allein im Westen die Entscheidung erstrebt werden, während den Streit¬ 
kräften des Verbündeten und schwachen deutschen Teilkrästen im Osten 
die Aufgabe zufiel, dieser Offensive den Rücken zu decken. Die Lösung 
dieser Ausgabe war in offensiv geführter Abwehr gedacht. 
Gegen die Übermacht der Feinde war der Kriegsplan der Mittelmächte 
nur mit einem Werkzeuge von ungewöhnlicher innerer Güte und Angrifss- 
kraft durchzuführen. Geist, Ausbildung und Organisation der Heere 
mußten den höchsten Forderungen der Führung gewachsen sein. Gleich 
die ersten Operationen der Verbündeten sollten die enge Wechselwirkung 
zwischen Kriegsplan und kriegerischem Wert der Truppe zeigen. Aus beiden 
Kriegsschauplätzen entsprach das deutsche Heer den höchsten zu stellenden 
Forderungen; es erwies sich bei allen, auch den schwierigsten Operationen, 
als ein zuverlässiges, nie versagendes Werkzeug in der Hand der Führung; 
ob auch das österreichisch-ungarische Heer allen Anforderungen des Opera¬ 
tionsplanes gewachsen war, konnte erst der Abschluß der Ende August 1914 
noch im Gange befindlichen Schlacht in Galizien zeigen. 
War die Lage der Mittelmächte schon durch die gewaltige zahlenmäßige 
und materielle Überlegenheit der Gegner bitter ernst, so wurde sie noch 
verschärft durch die bald einsetzende Blockade. Deutschland und Österreich- 
Ungarn glichen fortan einer belagerten Festung, die keinen Entsatz zu er¬ 
warten hatte, und deren Lage um so bedrohlicher war, als die Versorgung 
mit Nahrungsmitteln und Rohstoffen bei Beginn der Belagemng unzu¬ 
reichend gewesen war. Die Zeit wirkte mithin für den Gegner. Rur 
bei einem „schnellen Erfolg", bei kurzer Kriegsdauer, bot sich für die 
Mittelmächte die Gewähr eines günstigen Ausganges. Eine strategisch-
	        
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