Volltext: Die Grenzschlachten im Westen (1. 1925)

Rückblick. 
„Wir wollen nichts erobern, sondern nur verteidigen, was wir besitzen. 
Wir werden wohl nie die Angreifenden, sondern stets die Angegriffenen 
sein. Den notwendigen schnellen Erfolg kann uns aber mit Sicherheit nur 
hie Offensive bringen." Mit diesen Worten aus der Denkschrift des General¬ 
stabes vom Jahre 1902 war Deutschlands militärische Zielsetzung für den 
Krieg scharf gekennzeichnet. Die wichtigste Voraussetzung für den not¬ 
wendigen „schnellen Erfolg" war die Schaffung eines möglichst günstigen 
Zahlenverhältnisses der eigenen Streitkräfte zu denen der Gegner; diese 
Vorbedingung, die schon im Frieden sichergestellt werden mußte, war bei 
Kriegsausbruch nicht erfüllt. Die Durchführung des Programms, das die 
Denkschrift des Grafen Schliessen vom Jahre 1905 auch für den allmählichen 
und organischen Ausbau der deutschen Wehrmacht bildete, ist von seinem 
Achsolger erst spät in Angriff genommen worden. Der jüngst verstorbene 
französische Generalstabschef, General Buat, weist in einer Studie über 
die deutsche Armee nicht mit Anrecht darauf hin1), daß Deutschland nicht 
verstanden habe, bei der Vorbereitung zum Kriege aus der beträchtlichen 
Überlegenheit, welche durch die ihm zur Verfügung stehenden mächtigen 
Menschenmassen in seine Hand gegeben war, Vorteil zu ziehen. Bei größerer 
Voraussicht hätte es 600000 Mann mehr in Kampfeinheiten zusammen¬ 
stellen können, als es in Wirklichkeit aufstellte; an anderer Stelle sagt er: 
„...es wäre durchaus falsch, zu schreiben, Deutschland habe im Jahre 1914 
seine Kräfte bis zum höchsten Maße seiner Leistungsfähigkeit angespannt". 
Diese selbst vom Gegner anerkannte Tatsache ist um so schwerwiegender, als 
-gleichfalls nach einem Zeugnis aus dem gegnerischen Lager2) — für kein 
anderes Volk Europas eine starke Rüstung eine so ernste Lebensfrage war, 
wie für das durch seine geographische Lage militärisch am meisten bedrohte 
deutsche Volk. Ein militärisch nicht genügend gesichertes Deutschland im 
herzen Europas mußte aber zugleich eine Gefahr für den Weltfrieden bilden. 
Noch weit unzureichender als die Kraftanstrengung Deutschlands 
war die Österreich-Ungarns gewesen. Dies erscheint um so erstaunlicher, 
als Österreich-Ungarn durch die veränderte Lage auf dem Balkan in erster 
’) General Buat: L’armöe allemande dans ia guerre mondia’e. 1914—1918. 
«) S. 4. 
Weltkrieg. I. Banb. 41
	        
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