Volltext: Die Grenzschlachten im Westen (1. 1925)

608 Die deutsche Oberste Heeresleitung während d. Verfolg.-Kämpfe bis zum 27, August 
indessen die dringende Notwendigkeit erwiesen, die Armee-Oberkommandos 
jetzt beim Eintritt in einen neuen Operationsabschnitt mit neuen grund¬ 
legenden Weisungen für die Weiterführung der Operationen 
zu versehen. Solche waren, wie erwähnt1), dem Armee-Oberkommando 3 
am Abend des 27. August auch bereits in Aussicht gestellt worden. 
Vom Feinde gewann Generaloberst v. Moltke aus allen vorliegenden 
Meldungen und Nachrichten folgendes Bild: Die belgische Armee wurde 
in der Auflösung angenommen; mit ihrer Offensive im freien Felde 
wurde nicht mehr gerechnet. Fn Antwerpen wurden gegen 100 000 
Mann belgischer Feld- und Besatzungstruppen vermutet, die indessen gleich- 
falls zu offensiven Unternehmungen wenig befähigt schienen. Wie hoch 
die Kampfkraft der französisch-englischen Armee noch einzuschätzen 
wäre, darüber herrschte keine Klarheit. Mit neuem zähen Widerstand 
der Franzosen und Engländer mußte unbedingt gerechnet werden, 
und zwar zunächst wohl hinter der Aisne, später vielleicht hinter der 
Marne. Neue ernste Kämpfe im Westen schienen unvermeidlich. Wieder 
wurde die Frage brennend, ob es nicht angezeigt wäre, die drei nach den 
Einladestationen bereits in Marsch gesetzten Armeekorps anzuhalten 
und dem Heere als Reserve folgen zu lassen, zumal da das Garde-Reserve¬ 
korps und das XI. Armeekorps an diesem Tage (27.) mit den Anfängen 
erst die Gegend von Leignon (14 km östlich Dinant)—Huy erreicht hatten 
und das V. Armeekorps sich erst Longwy näherte. 
Da traf am späten Abend aus Ostpreußen eine Siegesnachricht 
ein: „Zwei bis drei russische Korps geschlagen . . . hoffen morgen abend 
mit der gesamten russischen Südgruppe aufgeräumt zu haben." Außerdem 
aber hatte General Ludendorff, der Generalstabschef der 8. Armee, als 
ihm die Entsendung von Verstärkungen für Ostpreußen in Aussicht ge¬ 
stellt wurde, in selbstloser Weise erwidert, daß diese im Osten nicht unbe¬ 
dingt nötig wären; falls man sie im Westen brauche, könnte der Osten sich 
auch so helfen, für die im Gange befindliche Schlacht kämen sie ohnehin 
zu spät. Der Widerruf des Befehls zur Abbeförderung der Korps 
nach Ostpreußen schien sich dem Generalstabschef geradezu aufzu¬ 
drängen, zumal da auch der Chef der Operationsabteilung, Oberstleutnant 
Tappen, und Oberstleutnant v. Dommes von Anfang an gegen jede 
Abgabe von Verstärkungen nach dem Osten gewesen waren, weil sie den 
Zeitpunkt hierzu noch nicht für gekommen hielten. Der jetzige Generalmajor 
v. Dommes schreibt auf Anfrage hierüber: „Die Meldungen der nächsten 
Tage ließen erkennen,.... daß man zwar beachtliche Siege errungen hatte, 
!) S. 536.
	        
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