Volltext: Die Grenzschlachten im Westen (1. 1925)

258 Die deutsche Oberste Heeresleitung vor Beginn der Erenzschlachten. 
waren sogar, soweit möglich, die in Aussicht genommenen Armeechefs als 
Führer bei ihren Armeen eingeteilt. Irgendein Zweifel, wie sich 
jede Armee zu verhalten habe, konnte also m. E. nicht bestehen. Mir gegen¬ 
über ist im August 1914 auch nie ein solcher geäußert worden. 
Im übrigen glaubte Generaloberst v. Moltke in absichtlich geübter 
Zurückhaltung und auch aus Grund unserer Friedensansichten und Friedens¬ 
ausbildung die Selbständigkeit und Verantwortlichkeit der unterstellten 
Armeeführer wahren zu müssen, in der Annahme, daß die vorn befindlichen 
Armeeführer die Verhältnisse beim Feinde zuverlässiger zu beurteilen 
imstande wären, als er selbst weit hinter der Front in Coblenz." 
Das war zweifellos richtig. Um aber vor allem auf dem entscheidenden 
rechten Heeresflügel die Führung in der Hand zu behalten, mußte der 
Generalstabschef, zum mindesten solange zuverlässige Drahtverbindungen 
fehlten, dem Gange der Ereignisse aus diesem Flügel räumlich näher sein. 
Er mußte die Dinge aus Grund der durch persönliche Fühlungnahme mit 
der Front gewonnenen Anschauung ansehen und durste sich nicht allein 
aus die Berichterstattung der Armee-Oberkommandos verlassen, die die Lage 
begreiflicherweise nur zu leicht aus den besonderen Verhältnissen ihrer eigenen 
Front beurteilten. Vorübergehend ist daher auch vom Generalobersten 
v.Moltke die vor allem von Oberstleutnant Tappen befürwortete Verlegung 
des Großen Hauptquartiers oder eines Teiles nach Belgien in die Gegend 
nördlich Namur erwogen worden. Der Gedanke wurde indessen infolge der 
feindseligen Haltung der Landesbevölkerung und der täglich gemeldeten Über¬ 
fälle auf deutsche Stäbe und Kommandobehörden in Belgien wieder fallen 
gelassen. Generaloberst v. Plessen, der erste Kommandant des Kaiserlichen 
Hauptquartiers, der den täglichen Vorträgen des Generalstabschefs beim 
Kaiser von Ansang an regelmäßig beiwohnte, berichtet hierüber aus Grund 
von Tagebuchaufzeichnungen: .. Der Generalstabschef hat auch die Ver¬ 
legung des Großen Hauptquartiers hinter den rechten Flügel in die Gegend 
von Namur erwogen, nahm aber hiervon aus Rücksicht für die Sicherheit des 
Kaisers Abstand, da das insurgierte Land zu jener Zeit noch keineswegs 
beruhigt war . . . Seine Majestät vertrat den Standpunkt, daß er dahin 
gehöre, wo es die Operationen erforderten; hierin habe ich Seine Majestät 
stets unterstützt." Ausschlaggebend für den Verzicht aus eine Verlegung 
des Großen Hauptquartiers nach Belgien war indessen nicht die Sicherheit 
des Kaisers, sondern die Erwägung, daß ein zuverlässiges und reibungsloses 
Arbeiten nicht nur des Generalstabes, sondern auch des ganzen umfang¬ 
reichen Großen Hauptquartiers in dem stark aufgewiegelten Lande nicht 
gewährleistet war. Auch konnte zu dieser Zeit eine sichere, unmittelbare 
Verbindung mit dem Osten zum Oberkommando 8 nicht entbehrt werden.
	        
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