Volltext: Dokumentarium zur Vorgeschichte des Weltkrieges 1871-1914

Bismarck an Kaiser Wilhelm I., 31. 8. 1879 
meiner Durchreise durch Wien, die, wie ich hoffe, in etwa vierzehn 
Tagen stattfinden wird, mit Graf Andrässy die Grundlagen einer 
lediglich auf gegenseitigen Schutz gegen unprovozierte Angriffe 
und gegen bedrohliche Koalitionen berechnete[n] Verabredung 
einleite. 
Ich werde natürlich nichts zusagen, was nicht im Wortlaut 
Euerer Majestät vorher vorgelegen und Allerhöchstdero Genehmi- 
gung erhalten hat. Aber auch selbst wenn Euere Majestät auf eine 
Verhandlung der Art nicht eingehen wollten, was mich mit tiefem 
Schmerze und großer Sorge für die Zukunft erfüllen würde, würde 
ich es immer für notwendig halten, daß ich in Wien mündlich dem 
Grafen Andrässy die Gründe darlege, welche Euere Majestät ab- 
halten, die Hand anzunehmen, welche Österreich, ohne jede aggres- 
sive Tendenz, rein im Interesse seines und unseres Friedens dar- 
zubieten scheint... Ich würde dann immer noch imstande sein, zu 
tun, was in meinen Kräften steht, um zu verhüten, daß die öster- 
reichische Politik nicht unter anderer Leitung als der des Grafen 
Andrässy mehr als bisher in das Fahrwasser Frankreichs hin- 
übergleite. Sn 
Ich kann zum Schluß noch hinzufügen, daß uns beiden die vor- 
läufige Geheimhaltung einer etwaigen Verabredung nützlich schien, 
daß aber eine solche, wenn sie zustande käme. und später bekannt 
würde, in ganz Deutschland populär sein und Vertrauen in eine 
friedliche Zukunft erwecken würde. : v.Bismarck 
WE 
Bemerkung Kaiser Wilhelms I. am Kopfe des Schriftstücks: 
Den Minister v. Bülow beauftragt, dem Fürsten Bl[i]sm[arc]k mitzutheilen, daß 
ich dies Schreiben als non avenu betrachtete, bis ich den Kaiser Alexander über- 
morgen in Alexandrowo gesprochen haben würde. W. 2. 9. 79. 
TA 
Gr. Pol., Bd. III, Nr. 452 
Der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes von Bülow an den 
Reichskanzler Fürsten von Bismarck, z. Z. in Gastein 
Telegramm. Konzept von der Hand des Gesandten von Radowitz 
Nr. 27 Berlin, den 1. September 1879 
Auf Vorlage von Ew. pp. Telegramm Nr. 30* hat Seine Majestät 
erwidert: Kaiser Alexander könne Rußland nicht verlassen, ohne 
umfangreiche, vorbereitete polizeiliche Sicherheitsmaßregeln, dafür 
sei es bei uns zu spät, Seine Majestät könne daher Verantwortung 
für Vorschlag einer Begegnung in Preußen nicht übernehmen. Auch 
* Siehe Nr. 12. 
Q2
	        
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