Volltext: Die Ereignisse von August bis zur Jahreswende ; 5 : Das Kriegsjahr 1916 ; 2 ; [Textbd.] ; (5 : Das Kriegsjahr 1916 ; 2 ; [Textbd.] ;)

Die letzte Lebenszeit Franz Josephs 
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Feldzuges führte dann allerdings dazu, daß in Hinkunft eine solche 
Sonderstellung eines Unterfeldherrn unterblieb. 
Läßt sich demnach im ersten Kampf gegen Serbien ein oder der 
andere Eingriff der kaiserlichen Militärkanzlei in den Gang der Ereig¬ 
nisse nicht in Abrede stellen, so sind sonst solche Versuche kaum mehr 
wahrzunehmen, es sei denn, daß Tisza, wie zu wiederholten Malen in Fra¬ 
gen der Verteidigung Siebenbürgens, auf dem Umwege über den Kaiser 
seine Wünsche zur Geltung zu bringen trachtete. Damit soll nicht ge¬ 
sagt sein, daß sich der Herrscher in Fragen der Kriegführung kein 
selbständiges Urteil bewahrt hätte. Dieses äußerte sich, wie Conrad bei 
Audienzen und aus Unterredungen mit Bolfras entnehmen konnte, wie¬ 
derholt in Bedenken gegen verschiedene Pläne der Heeresleitung, so 
etwa vor der Südtiroler Offensive von 1916x), die auch der Befehls¬ 
haber an der Isonzofront, GO. Boroevic, in seinen Briefen an Bolfras 
nicht gebilligt hatte. Aber der Chef des Generalstabes lehnte auf seinem 
ureigensten Arbeitsgebiet jede Beeinflussung, mochte sie von wem 
immer kommen, mit der ihm eigenen Entschiedenheit ab. 
Sehr weitgehende Rechte hatte der Kaiser dadurch in die Hand 
der Heeresleitung gelegt, daß er ihr bet der Entfernung und Ernennung 
von Befehlshabern volle Freiheit ließ. Wohl war er mit dem großen 
Verbrauch von Generalen, den das AOK. zu Anfang des Krieges hatte 
eintreten lassen, keineswegs einverstanden. Aber Conrad antwortete auf 
eine schüchterne Einwendung seines Freundes Bolfras, er werde gege¬ 
benenfalls seine Armeekorps durch Leutnants befehligen lassen, wenn 
es nicht anders ginge. Auch vor Prinzen des kaiserlichen Hauses, denen 
übrigens der Monarch selbst nie einen besonderen Schutz angedeihen 
ließ, machte die Heeresleitung mit ihren Maßnahmen nicht Halt, wenn 
es nötig zu sein schien. Nur in einer einzigen wichtigeren Personal¬ 
angelegenheit drang sie mit ihrem Willen nicht durch: als sie sich im 
Spätsommer des Jahres 1915 der von Tisza geforderten Enthebung des 
GdK. Tersztyánszky vom Kommando der gegen Serbien aufgebotenen 
3. Armee widersetzte (Bd. III, S. 192). Damals erwies sich der ungarische 
Ministerpräsident als der Stärkere. Immerhin wurde dem abberufenen 
General das Jahr darauf durch seine Ernennung zum Befehlshaber der 
4. Armee in Wolhynien wieder Genugtuung (Bd. IV, S. 398). 
Über das Verhältnis des Kaisers zum deutschen Bundesgenossen 
1) Nach einem verloren gegangenen Diktat des GO. Conrad, in das der Ver¬ 
fasser dieser Zeilen während seiner Zugehörigkeit zur Operationsabteilung des AOK. 
Einblick nehmen konnte. 
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