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Die Eroberung der Walachei
Der Aufmarsch gegen Rumänien blieb nicht ohne nachhaltige
Wirkung auf den Verkehrsapparat der Heimat. Als teilweise Folge der
straffen Zentralisierung und des Zusammenlaufens der ungarischen Bahn¬
stränge um Budapest haben die monatelangen Leistungen gegen Sieben¬
bürgen die Kräfte im Zentralraum Ungarns überspannt1). Es kann
vorweggenommen werden, daß die damit beginnende schwere Verkehrs¬
krise der Heimatbahnen, anfänglich zeitweise und später dauernd auf
das österreichische Verkehrsnetz übergreifend, in den folgenden Kriegs¬
jahren nicht mehr überwunden werden konnte.
Der rumänische Feldzug des Jahres 1916 stellt sich, im großen be¬
trachtet, als das Streben der Entente dar, in die freie, noch nicht an
ein Meer angelehnte Südflanke der deutsch-österreichisch-ungarischen
Ostfront einzubrechen. Diesen Plan betrieben hauptsächlich die Fran¬
zosen, weil ihnen die Besiegung der Deutschen immer aussichtsloser
erschien. Deshalb wurden die Rumänen gegen Siebenbürgen angesetzt,
um dadurch die Donaumonarchie niederzuwerfen. Dann sollte das seines
Bundesgenossen beraubte Deutschland auf die Knie gezwungen werden2).
Die Mittelmächte strebten demgegenüber an, das rumänische Heer
vernichtend zu schlagen und sodann zwischen dem bisherigen, in der
südlichen Bukowina gelegenen Schulterpunkt der Ostfront und dem
Schwarzen Meere die kürzeste Verbindung herzustellen. Hiezu war
ursprünglich geplant gewesen, starke Kräfte von Kronstadt und von
Sistov aus gegen Bukarest vorstoßen zu lassen, um die in der Walachei
aufmarschierten Rumänen von ihren nach der Moldau führenden Ver¬
bindungen abzuschneiden und einzukreisen. Die Widrigkeiten aber, die
diesem Plane entgegenstanden, waren stärker als der Wille der Führer.
Daher mußten andere Wege beschritten werden, und schließlich glückte
es auf dem Umwege über die Kleine Walachei doch, zwischen der Drei-
länderecke und den Donaumündungen eine Front zu spannen. Die Ver¬
bündeten konnten daher mit dem Ausklang des Feldzuges gegen Rumä¬
nien zufrieden sein. Siebenbürgen war befreit, die Walachei und die
Dobrudscha waren erobert.
!) Diese Überspannung trat zuerst durch das massenhafte Auftreten von so¬
genanntem „Staubrutto" in Erscheinung. Es bestand zu Zeiten aus Zehntausenden von
beladenen Wagen, die aus Verkehrs- und Betriebsgründen (Lokomotivmangel, Per¬
sonalmangel, Rangierschwierigkeiten, Entladeschwierigkeiten usw.) ihr Ziel nicht
erreichen konnten und stille standen.
2) Kiszling, Feldzug gegen Rumänien, 328.