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Die Offensive der Russen im Herbst 1916
begnügte und im Einverständnis mit dem Armeekommando, um unnütze
Opfer zu vermeiden, auf das völlige Zurückerobern des ursprünglichen
Stellungsverlaufes verzichtete. Daraus hätte sich doch höchstens noch
ein moralischer Erfolg, aber kein taktischer Vorteil mehr ergeben. An
deutschen Reserven verfügte Litzmann, das ihm zugeschobene deutsche
Regiment mitinbegriffen, noch über fünf Bataillone; er sah der weiteren
Entwicklung der Dinge mit Zuversicht entgegen1).
GO. Linsingen hatte unterdessen das von der Armeegruppe Bern-
hardi nicht benötigte Regiment (S. 378) über Wladimir-Wolynski zur
4. Armee herangeholt und am 2. September östlich der Stadt bereit¬
gestellt. Der Feind enthielt sich jedoch an diesem Tage jeglicher An¬
griffe und rächte sich an seinen Gegnern nur durch Artilleriefeuer.
Tags darauf, am 3. September, raffte sich die Armee Kaledin noch
einmal zu einem Durchbruchsversuch auf. Ihre Anstrengungen galten vor¬
nehmlich dem Korps Szurmay, daneben auch dem angrenzenden Nord¬
flügel Beckmanns. Doch die Angreifer prallten an dem tatkräftigen
Widerstande der Verbündeten ab; örtliche Frontschwankungen bei der
11. ID. wurden durch eingreifende Reserven rechtzeitig ausgeglichen.
Die Abwehr beim Korps Szurmay wurde von den Nachbarn Beckmann
und Csanády, deren Batterien die feindlichen Stürmer flankierend be¬
schossen, äußerst wirksam unterstützt. Abends konnten Führer und Sol¬
daten der Armeegruppe Litzmann auf einen vollen Erfolg Ihrer harten
Kampfesarbeit blicken: rücksichtsloser Einsatz von Infanteriemassen
hatte dem Feinde neuerliche, empfindliche Verluste eingetragen2), „die
strategischen und taktischen Ergebnisse [bei der 8. Russenarmee] waren
gleich Null"3).
Auf Lins ingens Geheiß rollte das bei Wladimir-Wolynski bereit¬
gehaltene Regiment noch am Abend zur k. u. k. 2. Armee weiter. Seit
der Errichtung der Hindenburgfront hatte sich das deutsche Oberkom¬
mando im Osten ein eigenes Verfahren zurechtgelegt, um mit den be¬
schränkten Streitkräften den ohne Unterbrechung bald da, bald dort
einsetzenden Russenstürmen begegnen zu können. An wichtigen Bahn¬
stationen standen einige tüchtige Regimenter bereit, die unter Aus-
1) Litzmann, II, 123.
2) Schon am 2. September hatte FML. Szurmay gemeldet, daß nach keineswegs
übertriebenen Schätzungen etwa 5000 Russenleichen vor der Front lägen. Am 3.,
nach den abgeschlagenen Angriffen, wurde neuerdings die Zahl der Gefallenen nicht
niedriger beziffert.
3} Klembowski, 97.