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Die Weltlage im Sommer 1916
dies freiwillig geschehen könnte, wurde mit zunehmender Kriegsdauer
immer geringer. Für Deutschland war es nicht leicht, einen Verzicht auf
die von Volksgenossen durchsetzten Ostseeprovinzen zu erwägen, für
Österreich-Ungarn noch schwerer, einer Rückgabe Polens an das Zaren¬
reich aus freien Stücken zuzustimmen.
Völlig ihre eigenen Wege gingen als Bundesgenossen im fernen
Osten die Japaner. Sie betrachteten ihre Mitwirkung an den Kriegs¬
handlungen der Alliierten mit der Einnahme vonTsingtau im allgemeinen
für beendet und begnügten sich von da an mit der Beistellung von
Artillerieinstruktoren für die Russen und mit einer im großen Ausmaße
betriebenen Lieferung von Kriegsgerät, die ihren zu Kriegsbeginn noch
recht ungünstigen Finanzen ausnehmend zustatten kam. Um so eifriger
waren sie bestrebt, die politische und wirtschaftliche Durchdringung
Chinas zu betreiben. In einem am 25. Mai 1915 abgeschlossenen Vertrage
mußte China dem Inselreich weitgehende Zugeständnisse im Nordosten
und Osten des Reiches machen. Die Duldung dieser Ausdehnungsbestre¬
bungen ließ sich England durch den Beitritt Japans zum Vertrag gegen
den Sonderfrieden (Bd. I, S. 284), Rußland durch die Zusicherung weit¬
gehender Bevorzugung bei den japanischen Kriegslieferungen erkaufen;
zuletzt mußte auch Frankreich gute Miene zur asiatischen Politik Japans
machen. In China sprach sich die Militärpartei immer lauter für einen
Eintritt in den Krieg an der Seite der Entente aus; sie hoffte, so a,m
ehesten die Vormundschaft Japans wieder abschütteln zu können. Gro߬
britannien unterstützte diese Pläne, stieß dabei aber auf den entschiede¬
nen Widerstand Tokios, wo man einer Bewaffnung von vierhundert
Millionen Chinesen durchaus abgeneigt war.
Nach allem waren die durch den Krieg aufgeworfenen Probleme
so rettungslos verstrickt, daß alle in seinen Strom hineingerissenen
Staaten und Völker immer wieder zum Schwerte Zuflucht nahmen, das
den schier unlösbar gewordenen gordischen Knoten durchschlagen sollte.