Die Fehlgriffe der rumänischen Führung
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hindert hätte, und stand die Nordarmee in der Front Bistritz—Szász-
régen, dann hätte auch der gegenüber einer schwach gehaltenen 2. Ar¬
mee stehende Gegner eiligst hinter die Maros abziehen müssen, um
nicht abgeschnitten zu werden.
Aber gerade die 1. Armee zu schwächen und sie nur als Drehpunkt
für das Auf schwenken der 2. und der Nordarmee bis an die Maros
zu betrachten (S. 235), bot niemals die Möglichkeit, das Anrollen von
deutschen und öst.-ung. Divisionen zu verhindern und den Verteidiger
zum beschleunigten Rückzug hinter die Maros zu zwingen. Doch selbst
wenn die drei gegen Siebenbürgen aufgebotenen Armeen auch nach den
Kräfteabgaben nur in der ursprünglich geplanten Vorrückung un¬
gehemmt belassen worden wären, hätten sie bei ihrer noch immer
bedeutenden Überlegenheit an Zahl die Maros in rein frontalem Vor¬
marsche schließlich erreichen müssen..
Das fortgesetzte Zurückweichen der Dobrudschaarmee gegen den
sich zwar wesentlich verengenden Raum südlich der Bahn Cernavoda—
Constanta brachte die rumänische Heeresleitung vollends um die Ner¬
venruhe und führte zu dem unheilvollen Kriegsrat vom 15. September.
In diesem wurde ein Zangenangriff gegen die bulgarische 3. Armee be¬
schlossen, wobei die durch zwei weitere Divisionen (21. und 22.) der
2. Armee verstärkte 3. Armee südlich von Bukarest über die Donau vor¬
zugehen hatte. In Siebenbürgen hatten die rumänischen Armeen in
völlige Tatenlosigkeit zu verfallen.
Während in der zweiten Septemberhälfte die Rumänen für das
Donauunternehmen rüsteten, entglitt ihnen im Norden völlig die Ent¬
schlußfreiheit. Der Aufmarsch der deutschen und öst.-ung. Divisionen
für den Gegenschlag konnte nahezu ungestört erfolgen. Gdl. Falken¬
hayn trat an die Spitze der neugebildeten deutschen 9. Armee. Es war
sicherlich keine alltägliche Maßnahme, daß gerade Falkenhayn, der als
Chef der DOHL. letzten Endes über die rumänische Frage gestürzt
ist, zum Armeekommandanten gegen Rumänien ernannt wurde. Da ihm
auch sonstige Fehlgriffe militärischer Natur (Verdun, Sommeschlacht)
zur Last gelegt worden waren, mag es ein gewisses Wagnis bedeutet
haben, gerade ihm die Leitung jener Kriegshandlungen anzuvertrauen,
von denen allein eine Befreiung aus der würgenden Umklammerung,
in der sich die Mittelmächte befanden, erwartet werden konnte. Doch
schon im Feldzuge in Siebenbürgen vermochte er seinem vorher nicht
ganz zu Unrecht angezweifelten Feldherrntum eine kühne und erfolg¬
reiche Armeeführung gegen überzuhalten.
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