Volltext: Die Zeit der Annexionskrise 1906 - 1909 (Erster Band / 1921)

über Aufmarsch- und alle sonstigen Kriegsvorbereitungen ganz auf seine 
wenigen, eng begrenzten Kriegsfälle und Kriegsgebiete beschränken, daher 
für alle ihm drohenden Kriegseventualitäten mit den gegebenen Mitteln 
leichter auslangen und für die rasche, zweckmäßige Bereitstellung der 
Mittel konzentrierte Vorsorgen treffen. Ähnlich lagen die Landkriegs¬ 
verhältnisse Italiens, das nur die Alpengrenze gegen Frankreich und die 
Grenze gegen Österreich-Ungarn zu schützen, nur diese, beiden Kriegs¬ 
schauplätze seinen Landkriegs-Vorbereitungen zugrunde zu legen hatte, 
dabei aber auch noch des Vorteiles einer neutralen Grenze (Schweiz) 
zwischen diesen beiden Schauplätzen teilhaftig war. 
Ganz anders lagen die Verhältnisse für die österreichisch-ungarische 
Monarchie. 
Wenn man Deutschland als sicheren Bundesgenossen außer Rechnung 
läßt, so kamen für die Monarchie als Feinde in Betracht: Rußland, Rumä¬ 
nien, Serbien, Montenegro, Italien. 
Abgesehen davon, daß schon die durch die Bevölkerungszahl*) 
bedingte Heeresstärke allen diesen Feinden gegenüber, wenn sie vereint 
äuftreten, nicht standzuhalten vermochte, genügten die für die Wehrmacht 
Verfügbaren finanziellen Mittel auch nicht im Entferntesten, um für alle die 
äufgezählten — stets möglichen — Kriegsfälle in gleicher Vollständigkeit 
mit Bewaffnung, Ausrüstung, Bahnausgestaltung, Befestigung und anderen 
Kriegsvorbereitungen Vorsorgen zu können. 
Es war daher unerläßlich, zu wissen, welche Wege die äußere Politik 
gehe, welche Ziele sie verfolge, mit welchem Kriegsfall daher 
zu rechnen sei, um auf ihn die Vorsorgen zu konzen¬ 
trieren. 
In diplomatischen Kreisen bestand vielfach die Ansicht, daß die äußere 
Politik eine unantastbare Geheimkunst darstelle, darein die Diplomatie 
niemandem Einblick gewähre, — die Armee aber ein Requisit, das man 
erst hervorhole, wenn irgend ein Kriegsfall eintrete — ohne zu bedenken, 
daß Mittel und Kräfte fehlen, um jederzeit alien Zwischenfällen 
*) Nach Daten vom Jahre 1906: 
Österreich-Ungarn . . . ... 47,100.000 Einwohner 
Rußland . . ... . . .139,500.000 „ 
Rumänien 6,000.000 „ 
Serbien . . . . . . . . . 2,600.000 „ 
Montenegro . ... . . . . 223.000 .. 
Italien . . . 33,500.000 „ 
somit 47 Millionengegen 182 Milliohen; das ist die vierfache Überlegenheit. 
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