Volltext: Tagebücher, Biographie und Briefwechsel des oberösterreichischen Bauernphilosophen. Zweither Teil: Aus Konrad Deubler's Briefwechsel (1848-1884). (2)

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Deubler und J. C. Fischer. 
Wenn man so das ganze Jahr mit Niemand etwas Anderes 
als von den gewöhnlichen Ereignissen reden kann und nebenbei 
nur auf Bücher angewiesen ist, so macht das oft wirklich trau— 
rig. — Allein stehen mit seiner Weltanschauung, das ist nicht 
leicht zu ertragen. Darum freue ich mich um so mehr auf Dich, 
weil Du ganz mit meinen Ansichten und Gesinnungen überein— 
stimmst. Auch Dir wird es so ergehen, obgleich Du in einer so 
großen Stadt, wie Wien es ist, von Tausenden anderer Menschen 
umgeben bist; denn wahre, echte Menschen werden auch wenige 
darunter sein. 
Das wahre Asyl, welches für jeden Menschen zu 
allen Zeiten offen steht, ist und bleibt die Natur. Auf 
ihrem Gefilde findet der Mensch die uralte Heimat wieder, die 
ihm in des Lebens Kampf und Eile abhanden gekommen ist. 
Darum, lieber Fischer, komm zu mir nach Goisern! Von hier aus 
machst Du Deine Ausflüge: auf das Karls-Eisfeld, auf die Ochsen— 
wies-Alpe, auf den Krippenstein, Sarstein u. s. w. Da hoch oben 
auf einsamer Alpe, da fühlt sich der Mensch ganz anders als 
drunten im dumpfen Alltagsleben. Ich glaube, es ist dies das Ge⸗ 
fühl, daß wir „bei uns“ sind, während wir „bei der Natur“ sind. 
— Vergangenen Winter wäre ich wirklich herzlich gerne nach 
Wien zu den Vorlesungen Büchner's gereist. Allein immer hin— 
dert mich die alte Familienkrankheit, an der schon mein Vater und 
Großvater gelitten hat — die Geldnothl! Arbeiten und sparen, 
um aufs Jahr die Reise zur Weltausstellung möglich machen zu 
können; dann gehe ich auch von Wien aus nach Dresden zu 
meinem alten Freund Kummer. Hernach mag die große Woge 
mich erfassen und ins Meer mich zurücktragen, wo ich bei Milli— 
onen zu Gaste ruhen werde, bei Jenen, die längst vergessen sind, 
wie ich es sein werde! 
Derselbe. 
(4. März 1878.) — — Seit ich den Glauben an Gott ver— 
loren, ist mir der Glaube an große Menschen, die Liebe und 
Freundschaft zu denselben Bedürfnis geworden. „FHomo homini 
Deué est war der Wahlspruch Feuerbach's und ich habe ihn mir 
zu dem meinigen gemacht. — — — Da ich die Adresse dieses
	        
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