Volltext: Tagebücher, Biographie und Briefwechsel des oberösterreichischen Bauernphilosophen. Erster Theil: Konrad Deubler's Lebens- und Entwicklungsgang. (1)

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Schlußbetrachtung. 
selbständig denkenden Menschen behauptet wird, daß der Glaube 
an Gott und Unsterblichkeit schon „diesseits“, vielmehr aber noch 
im „Jenseits“ selig mache; denn dort, wo das Seelenleben des 
Menschen nicht in vollem Einklange steht mit den wirklichen 
Dingen und Erscheinungen der Außenwelt: dort kann nicht 
Seligkeit, nicht Friede und Glück im Innern Platz greifen. 
Das hat auch Deubler in seinen jüngeren Jahren tief em— 
pfunden. Er sah seinen Glauben in ständigem Konflikt mit 
Natur- und Weltleben; er aber strebte nach einer beruhigenden 
Gewißheit in Sachen des Zweifels, nach der Harmonie zwischen 
Gedankenwelt und Wirklichkeit. Er wollte Frieden. Es kann 
nicht befremden, wenn wir sehen, daß Deubler zur Zeit seiner 
„Sturm- und Drangperiode“ auch vorübergehend dem Pan— 
theüsmus zuneigt, wie aus mehreren seiner Aufzeichnungen 
hervorgeht. Es war eben das Bedürfnis eines überreichen Ge— 
müthes, welches damals eine Zeitlang in pantheistischen Schwär— 
mereien für ihn einige Befriedung fand. Auch war ja seine 
ganze äußere Umgebung, die herrliche Alpennatur mit den 
drastisch wirkenden Gegensätzen in den atmosphärischen Wand— 
lungen ganz dazu angethan, den sinnigen Naturfreund Deubler 
auf pantheistische Wege zu leiten. Dann erst die geheimnisvolle 
Sternenwelt über ihm, die nicht minder auf sein Gemüth ein— 
wirkte! War er doch von Jugend auf ein Freund astrono— 
mischer Betrachtungen! — Den Hauptvertreter des Pantheismus, 
Spinoza, hat Deubler freilich nie gelesen, weder in der Zeit 
seiner pantheistischen Übergangsperiode, noch später, da auch 
dieser Standpunkt für ihn ein überwundener geworden. Aber 
in diese Zeit fällt die Einwirkung der populär-natur— 
wissenschaftlichen Aufklärung. Dieser Deubler greift 
nicht nur nach Littrow's „Wundern des Himmels“, sondern 
auch nach den Schriften eines Roßmäßler („der Mensch im 
Spiegel der Natur“), nach Abhandlungen über den Bau unserer 
Erde, wo er denn erfahren konnte, daß Lyell („Principles of 
Geology“) und die ganze moderne Schule der Geologie in un— 
widerlegbarer Weise zeigen, wie unsere Erde nach Jahrmillionen
	        
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