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Schlußbetrachtung.
selbständig denkenden Menschen behauptet wird, daß der Glaube
an Gott und Unsterblichkeit schon „diesseits“, vielmehr aber noch
im „Jenseits“ selig mache; denn dort, wo das Seelenleben des
Menschen nicht in vollem Einklange steht mit den wirklichen
Dingen und Erscheinungen der Außenwelt: dort kann nicht
Seligkeit, nicht Friede und Glück im Innern Platz greifen.
Das hat auch Deubler in seinen jüngeren Jahren tief em—
pfunden. Er sah seinen Glauben in ständigem Konflikt mit
Natur- und Weltleben; er aber strebte nach einer beruhigenden
Gewißheit in Sachen des Zweifels, nach der Harmonie zwischen
Gedankenwelt und Wirklichkeit. Er wollte Frieden. Es kann
nicht befremden, wenn wir sehen, daß Deubler zur Zeit seiner
„Sturm- und Drangperiode“ auch vorübergehend dem Pan—
theüsmus zuneigt, wie aus mehreren seiner Aufzeichnungen
hervorgeht. Es war eben das Bedürfnis eines überreichen Ge—
müthes, welches damals eine Zeitlang in pantheistischen Schwär—
mereien für ihn einige Befriedung fand. Auch war ja seine
ganze äußere Umgebung, die herrliche Alpennatur mit den
drastisch wirkenden Gegensätzen in den atmosphärischen Wand—
lungen ganz dazu angethan, den sinnigen Naturfreund Deubler
auf pantheistische Wege zu leiten. Dann erst die geheimnisvolle
Sternenwelt über ihm, die nicht minder auf sein Gemüth ein—
wirkte! War er doch von Jugend auf ein Freund astrono—
mischer Betrachtungen! — Den Hauptvertreter des Pantheismus,
Spinoza, hat Deubler freilich nie gelesen, weder in der Zeit
seiner pantheistischen Übergangsperiode, noch später, da auch
dieser Standpunkt für ihn ein überwundener geworden. Aber
in diese Zeit fällt die Einwirkung der populär-natur—
wissenschaftlichen Aufklärung. Dieser Deubler greift
nicht nur nach Littrow's „Wundern des Himmels“, sondern
auch nach den Schriften eines Roßmäßler („der Mensch im
Spiegel der Natur“), nach Abhandlungen über den Bau unserer
Erde, wo er denn erfahren konnte, daß Lyell („Principles of
Geology“) und die ganze moderne Schule der Geologie in un—
widerlegbarer Weise zeigen, wie unsere Erde nach Jahrmillionen