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Schlußbetrachtung.
gekrönt, sein denkendes Ringen mit schließlichem Sieg belohnt
gesehen. Daß er dann, einmal auf der weitausschauenden Höhe
naturwissenschaftlich-materialistischer Weltanschauung angekommen,
seinen geistigen Führern Dank wußte und sie zu seinen „Heiligen“
erhob, nachdem ihm der Himmel entgöttert und der kirchlichen
Heiligen entleert erschien; das lag im gesunden Kernwesen seiner
Natur. Die Dankbarkeit ist einer der edelsten Charakter—
züge unseres Helden und wenn er da in seiner Art enthusiastisch
oft zu weit ging, so beweist uns das nur die Größe seines
schwer errungenen innern Glückes, in welchem er den Weg ge—
funden hatte zum Himmel im Diesseits und zur Resignation
auf das Jenseits.
Von gläubig-frommer Seite mag man einwenden, daß
Deubler ja ganz wohl auch den innern Frieden im Glauben an
Gott und Unsterblichkeit hätte finden können, da jenen Frieden
auch Tausende von Gläubigen (vorgeblich) empfinden. Darauf
läßt sich kurz antworten: nein, dieser Deubler besaß ein hin—
länglich großes Maß gesunden Menschenverstandes, um nicht so
ohne Weiteres tausend Widersprüche des „Glaubens“ und aber—
tausend Inkonsequenzen kirchlicher Dogmen verschlingen zu können.
An den biblischen Widersprüchen ist schon manch Glaubens—
fünklein ausgelöscht und manch schwacher Verstand zum Irrsinn
gebracht worden. Daß der Offenbarungsglaube vor der Kritik
des gesunden Verstandes nicht stichhält, das haben die gelehrten
Theologen gezeigt. Selbst ohne einen Strauß und Feuerbach
würde Deubler's Verstand hingereicht haben, um die innern
Widersprüche der heiligen Überlieferungen als Widersprüche zu
erkennen; aber weil Deubler sich ernstlich befliß, jene beiden
Kritiker zu Rathe zu ziehen, so kam er desto schneller und sicherer
zum Ziele. Aus dem orthodorxen Lutheraner, der er in seiner
Jugend gewesen ist, wurde erst ein die Wunder verneinender
Rationalist, und das war der erste Schritt zum Atheismus.
Was ist aber ein Glaube ohne Wunder? — Doch wohl im
Grunde ein wesenloses Ding ohne Zuversicht.
Darüber mögen sich alle Rationalisten unserer Tage ge—