Volltext: Tagebücher, Biographie und Briefwechsel des oberösterreichischen Bauernphilosophen. Erster Theil: Konrad Deubler's Lebens- und Entwicklungsgang. (1)

270 Die letzten Lebensjahre (1872 -1884.) 
bei der Zeugung und beim Wachsen, beim Werden und beim 
Weiterentwickeln, wie beim Abnehmen und beim völligen Zerfall 
geltend machen. 
Der Tod ist nur Begriff, ist im Grunde keine Wesenheit. 
Warum ihn fürchten? Ein Nichts, einen Begriff fürchten? So 
lange die verschiedenen Laboratorien in unserem Körper in unge— 
störtem Einklang zusammen arbeiten — so lange fühlen wir uns 
gesund, und wenn wir denkende Menschen sind, so sind wir uns 
dieses Zustandes auch bewußt. Wird jene Harmonie dadurch 
gestört, daß die chemischen und physikalischen Vorgänge im einen 
oder andern Organ sich solcherart abspielen, daß auch alle anderen 
Organe dabei in ihren gewohnten Funktionen beeinträchtigt 
werden, so fühlen wir uns krank. Wird diese Beeinträchtigung 
eine so intensive, daß das eine oder andere Hauptorgan — Ge— 
hirn oder Herz oder Lunge — die ihm zukommende, zum Leben 
des ganzen Organismus durchaus nothwendige Funktion einstellt, 
so stoppt die ganze Maschine, wobei das Bewußtsein (wiederum 
ein Sammelbegriff für einen ganzen Komplex rein natürlicher Vor— 
gänge von eigenartiger Gruppirung) schwindet und der Organis— 
mus als sogenannter todter Körper, als Leichnam, dem scheinbar 
ungeregelten, zügellosen und doch wieder gesetzmäßigen Chemis— 
mus des totalen Zerfalles anheimfällt. Das, was wir „Tod“ 
nennen, ist in den Fällen „natürlichen Todes in Folge Alters— 
schwäche“ meist ein langsam sich abspielender Vorgang. Wer 
an Altersschwäche stirbt, der lebt sich unvermerkt aus dem nor— 
malen organischen Leben langsam und langsam mehr und mehr 
hinüber ins unorganische Leben der sogenannten todten Körper. 
Wohl sagt man, der Tod sei auch da erst eingetreten mit dem 
letzten Herzschlag — aber in Wahrheit ist der altersschwache 
Greis schon lange vorher eine Leiche gewesen, ehe sein letzter 
Athemzug über die bleichen Lippen ging. — Der Verlust des 
Bewußtseins ist wohl auch hier ein langsamer — er ist aber 
der „Tod“ des Individuums. — Es gehen daher auch viele Leichen 
unter den wandelnden Menschenkindern umher. Im Gefolge 
dieser schnell oder langsam sich abwickelnden Veränderungen im
	        
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