Volltext: Tagebücher, Biographie und Briefwechsel des oberösterreichischen Bauernphilosophen. Erster Theil: Konrad Deubler's Lebens- und Entwicklungsgang. (1)

Ernst Haeckel. 
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uach Feuerbach's Tode, war es, daß Deubler die denkwürdige, 
in seinem letzten Lebensabschnitt bedeutungsvollste Verbindung 
einleitete, jenem Manne sich nähernd, dessen epochemachende 
Wirksamkeit auf dem Felde der modernen Naturforschung die 
naturphilosophische Weltanschauung unseres Helden zur vollen 
Reife gebracht hat: Ernst Haeckel. Deubler studierte damals 
— Schöpfungsgeschichte“, 
deren Lektüre ihm solchen Genuß gewährte, daß er seine 
Schmerzen am kranken Fuß vergaß. Mit der Art hatte er 
sich im Walde, beim Holzspalten, in den Knöchel gehauen 
und sah sich für ganze Wochen ans Zimmer gefesselt. In 
solcher Haft wurde ihm Haecckel's Buch ein tröstender Freund. 
Numn konnte es selbstverständlich nicht ausbleiben, daß dem 
großen Naturforscher gar bald darauf die übliche Huldigung 
dargebracht wurde, in echt Deubler'scher Weise also beginnend: 
„Lieber guter Doktor! Verzeihen Sie einem ungebildeten Land⸗— 
mann, daß ich trotz meiner Fehlerhaftigkeit in Stil und sonstiger 
Schreibweise es wage, an Sie zu schreiben —“, und, nach der 
Erzählung seiner früheren Leidensgeschichte, mit einem freund—⸗ 
lichen Danke „für das so herrlich geschriebene Buch“ schließend, 
nebst der Beigabe „einer Ansicht vom Gosau⸗See mit dem Dach— 
stein im Hintergrund und dem Eisfeld — damit Sie einen 
schwachen Begriff von meiner schönen Heimat sich machen können“ 
(Deubler an Haeckel, 10. oder 12. Januar 1874). Mit diesem 
Briefe, einem Prachtexemplar orthographischer Ungeheuerlichkeiten 
und stilistischer Schrecknisse der liebenswürdigsten Art, hatte 
Deubler Haeckel's Herz im Sturm erobert. Er wurde mit dem 
Jenenser Professor bald eng befreundet und blieb mit diesem 
bis zum Tode in lebhaftem Verkehr. Dieses Freundschafts— 
Verhältnis zwischen Deubler und dem gefeiertsten Naturforscher 
der Darwim'schen Schule ist in seiner Art eben so erhebend, 
als es der Verkehr zwischen Deubler und dem Rechenberger 
Philosophen gewesen ist. Ich habe daher im II. Theil dieses 
Büches den ganzen Briefwechsel, soweit die Belege noch vor— 
handen waren, ohne namhafte Kürzungen mitgetheilt. Haeckel
	        
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