Volltext: Die österreichisch-ungarischen Dokumente zum Kriegsausbruch

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An den König von Italien sei sein Flügeladjutant Oberstleutnant 
von Kleist, der früher deutscher Militârattaché in Rom war, mit 
einem Schreiben unterwegs, in welchem Kaiser Wilhelm König 
Viktor Emanuel dringend auffordert, den eingegangenen Vertrag 
einzuhalten durch Mobilisierung der gesamten Streitkräfte zu 
Wasser und zu Lande und durch die zugesagte Entsendung einer 
Armeegruppe über die Alpen. Durch das Auftauchen italienischer 
Truppen auf deutschem Boden gegen Frankreich erwarte er sich 
allerdings hauptsächlich nur einen starken moralischen Eindruck. 
Durch diese Darlegung hoffe er, Kaiser Wilhelm, dazu beizu¬ 
tragen, der österreichisch-ungarischen Monarchie zum Schlage gegen 
Rußland möglichste Verstärkungen zuzuführen. 
Deutschland müsse mit seiner Hauptmacht zuerst sich gegen 
Frankreich wenden und könne erst nach dessen Niederringung gegen 
Rußland offensiv werden, daher müsse Österreich-Ungarn den ersten 
Ansturm Rußlands aushalten und mit mindestens vierzehn Korps 
gegen sich rechnen, da nach den Nachrichten gegen Deutschland 
vorläufig nur sechs russische Korps Verwendung finden sollen. 
Seine Majestät Kaiser Wilhelm beauftragt k. u. k. Militâr¬ 
attaché, »allerdringendste Bitte an Seine k. u. k. Apostolische Ma¬ 
jestät und den Chef des Generalstabes Baron Conrad zu übermitteln, 
mit allen irgend verfügbaren Mitteln sich gegen Rußland zu wenden, 
um der dortigen Übermacht Herr werden zu können«. Seiner Über¬ 
zeugung nach müsse Deutschland mit Englands aktivem Eingreifen 
gegen den Dreibund rechnen; wie aber deutsche Flotte gegen die 
vierfach überlegene englisch-französische Flotte aufkommen solle, 
das wisse Gott. 
Zum Schlüsse erzählte noch Kaiser Wilhelm Baron Bienerth, 
daß alle seine Söhne mit ihm — Kaiser Wilhelm — an die Front 
abgingen, und zwar der Kronprinz als Führer der fünften Armee an 
Stelle schwer erkrankten Generals Eichhorn; Prinz Eitel als Kom¬ 
mandeur des ersten Garderegimentes zu Fuß; Prinz Oskar als Kom¬ 
mandeur eines Kürassierregimentes; Prinz Joachim Stab des zehn¬ 
ten Armeekorps und Prinz Adalbert auf der Flotte. 
Endlich erhoffe er die Zustimmung dazu, daß k. u. k. Militâr¬ 
attaché Baron Bienerth in seinem, des Kaisers Hauptquartier, hin¬ 
gegen sein Militârattaché in Wien Oberstleutnant Graf Kageneck 
in unser Hauptquartier eingeteilt würden. 
Seine Majestät bat Baron Bienerth, mir Höchstseine freund¬ 
lichsten Grüße zu übermitteln. 
Baron Bienerth bat mich, Euer Exzellenz noch zu melden, daß 
Kaiser Wilhelm auf ihn einen sehr dezidierten, ruhigen Eindruck 
machte. 
Ersuche vorstehende Ausführungen über Bitte des k. u. k. Mi- 
litârattachés raschestens auch zur Kenntnis des k. u. k. Ge¬ 
neralstabschefs zu bringen. 
Dokumente III 
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