Volltext: Die österreichisch-ungarischen Dokumente zum Kriegsausbruch

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Graf Szôgyény an Grafen Berchtold 
Telegramm Nr. 332 Berlin, den 31. Juli 1914 
Aiifg. 12 Uhr 38 M. a. m. 
Eingetr. 5 Uhr •/. a. m. 
Chiffre 
Demarche in Petersburg. 
Antwort auf Telegramm Nr. 291 von gestern1. 
Nach Rücksprache mit dem Reichskanzler ersuchte mich Staats¬ 
sekretär, Euer Exzellenz zu melden, daß deutsche Regierung zu 
ihrem lebhaftesten Bedauern Euer Exzellenz Anregung nicht ent¬ 
sprechen kann, da sie noch! vor kurzem ihre Vertreter in Petersburg 
und Paris angewiesen habe, den dortigen Regierungen zu erklären, 
daß die Fortsetzung der russischen Mobilisierung Gegenmaßregeln 
in Deutschland und Österreich-Ungarn zur Folge hätte, die zu 
ernsten Konsequenzen führen müßten. 
Außerdem habe Kaiser Wilhelm Kaiser Nikolaus »zugesagt«, 
daß er dem Wunsche des Letztern, der in der von mir gemeldeten 
Depesche (vide mein Telegramm'Nr. 321 von gestern)2 enthalten 
war, entsprechend zu vermitteln versuchen werde. 
Es müsse ein direktes Einvernehmen zwischen Österreich- 
Ungarn und Rußland hergestellt werden. Doch müsse Rußland seine 
militärischen Rüstungen einstellen, da dies ansonst unserseits 
(Österreich-Ungarn) ebensolche zur Folge haben würde, die dann 
seine, Kaiser Nikolaus, Rolle als »Mediator« unmöglich machen 
würden. 
Darauf antwortete Kaiser Nikolaus, die Sprache Kaiser Wil¬ 
helms differiere sehr bedeutend von der seines Botschafters, Grafen 
Pourtalés, er bitte diesbezüglich um Aufklärung und schlage vor, 
daß der österreichisch-ungarisch-serbische Streitfall vor das Haager 
Schiedsgericht gebracht werde. 
In der darauf erfolgten Antwort machte Kaiser Wilhelm noch¬ 
mals Zaren darauf aufmerksam, daß die russischen Rüstungen einzu¬ 
stellen seien, da sonst die ganze Verantwortung eines Weltkrieges 
»auf seine — des Zaren — Schultern falle«. 
In dem in englischer Sprache abgefaßten und mir von Unter¬ 
staatssekretär vorgelesenen Depeschenwechsel zwischen den beiden 
Monarchen wird in jedem einzelnen Telegramm an die besondere 
persönliche Freundschaft und an die Erhaltung des Friedens in 
emphatischen Worten appelliert. 
Kaiser Wilhelm unterließ in keinem seiner Telegramme besonders 
hervorzuheben, daß Österreich-Ungarn zu seinem Schritt den 
»Mörder«-Serben gegenüber vollkommen berechtigt war. 
1 Siehe III, Nr. 1. 
2 Siehe III, Nr. 6.
	        
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