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Eduard Straßmayr,
Einblick in den Wirkungskreis eines der verdienstvollsten Archivare
und Registratoren des 18. Jahrhunderts erschließen und dessen
Arbeitsweise erkennen lassen. An ihrer Hand können wir zugleich
die Größe des Verlustes an Quellenmaterial ermessen, das für die
Erforschung der Heimatgeschichte einst so reichlich zur Verfügung
stand, im 19. Jahrhundert jedoch infolge Mangels an Archivfürsorge
sehr hart mitgenommen wurde.
Durch seine jahrzehntelange Tätigkeit auf archivalischem
Gebiete hatte sich Trauner gründliche Fachkenntnisse angeeignet.
Da er mit dem Inhalt der von ihm geordneten Archive gut ver¬
traut war, kam er auch in die Lage, außer den Repertorien ab und
zu kleinere praktische Rehelfe für den Kanzleigebrauch anzu¬
fertigen, genealogische Nachforschungen zu pflegen und sich sogar
in einer geschichtlichen Arbeit zu versuchen. So verfaßte er
während seines Kirchdorfer Aufenthaltes ein „Titularbuch", welches
die den ober österreichischen Prälaten, dem Landeshauptmann,
den Grafen, Raronen, Hofrichtern und herrschaftlichen Pflegern
gebührenden Titulaturen enthielt und wahrscheinlich dem Kanzlei¬
schreiber der Sensenschmiede zu Kirchdorf als Hilfsmittel bei Re-
sorgung der Korrespondenz dienen sollte.89)
Als Frucht der mit großem Fleiße durchgeführten Inventari¬
sierung des Schloßarchives Weinberg schrieb er im Jahre 1777
eine Genealogie des gräflich Thürheim'schen Geschlechtes, von dem
angeblichen Stammvater Aribo, 883, angefangen, bis zum Jahre
1774 9°) Resonderen Wert gewinnt diese sorgfältige Arbeit vom
15. Jahrhundert herauf, da der Verfasser nunmehr als Relege für
die in den Stammbäumen angeführten Daten die Signaturen der
betreffenden Archivstücke beifügt und dadurch eine rasche Nach¬
suche und Ueberprüfung ermöglicht. Den Schluß bildet ein alpha¬
betisches Register über die Eltern, Söhne und Töchter sämtlicher
Thürheim.
Von ihm stammt überdies eine Zusammenstellung der Resitzer,
Pfarrherren und Pfleger der Herrschaft Weinberg.91)
Im Stifte Spital am Pyhrn, dessen reichhaltiges Archiv seine
Arbeitskraft über vier Jahre in Anspruch nahm, fesselte ihn die
Lebensgeschichte des Dechants und späteren Propstes Johann
Jakob Gienger. Dieser tüchtige, energische Mann leitete in der Zeit
von 1571—1609, da die Rauernunruhen im Garstentale heftig tobten,
89) Straßmayr, Das Archiv der Kirchdorf-Micheldorfer Sensenwerks¬
genossenschaft a. a. O. S. 6.
90) Manuskr. (37 fol.) im Schloßarchiv Weinberg.
91) Schloßarchiv Weinberg.