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feine Unterstützung in die zerschossenen Gräben eilen. Der italienischen Infanterie
war es daher leicht, aus ihrer Sandsackstellung mit Ubermacht vorzustoßen und
die Grabenposten zu überrumpeln.
Unter der Führung eines energischen Offiziers, wie Hauptmann M ar e nz i
es war, wäre es vielleicht noch gelungen, die von vorne bedrängten und von rück-
wärts beschossenen Verteidiger trotzdem noch in die Hand Zu bekommen und zu
einem Gegenangriffe vorzuführen.
Doch befand sich er, der die Seele der Verteidigung war, bereits unter
den Schwerverwundeten, desgleichen sein Stellvertreter Hauptmann . E b n e r
des 4. TJR. So konnte die I n f a n t e r i e st e l l u n g nach 9tägigem, erbitterten
Ringen, von allen Seiten angegriffen und beschossen, durch verheerendes Artillerie-
feuer zertrümmert, trotz der vorbildlichen Tapferkeit der Offiziere und Mann-
schuften nach 17 mit starken Kräften geführten Anstürmen ihrem Schicksale nicht
entgehen.
Taktisch war der Verlust dieser Stellung für die eigene allgemeine Lage von
geringer Bedeutung. Für die Italiener aber dürfte der kleine Erfolg keineswegs
im Einklänge mit den ungeheuren Verlusten, die sie hiebei erlitten, gestanden sein,
zumal die Besitznahme auch ihnen'keinen besonderen Vorteil brachte. Nach den
außerordentlich schweren Opfern nannten die Italiener den C o l d i L a n a
später „Col d i s a n g u e" (Blutberg).
Von einer Wiedereroberung wurde höheren Ortes vorläufig abgesehen, da dem
G. U. A. Kommando 9g kaum die nötigen Reserven zur Verfügung standen, um
die durch die kolossalen Verluste entstandenen Lücken auszufüllen. Hiezu mußte
es Reserven anderer Kampfabschnitte herauziehen und nach und nach einsetzen.
Auch dem Greuzabschnittskommando (Brigade-Kommando) standen infolge
der auf die ganze Front geführten italienischen Angriffe nicht genug starke Kräfte
zur Verfügung, um mit einem kräftigen Offensivstoß sich im Col di Sana-,
Gebiete Luft zu machen. Aber auch die Artilleriekraft war für eine nachhaltige
Unterstützung der Verteidigung viel.zu schwach. Es standen den 150 italienischen
nur etwa 40 eigene Geschütze gegenüber. Aus allen Gefechtsberichten ist zu er-
sehen, daß die Artillerie des G. U. A. 9s ihr Möglichstes getan hatte, um ihrer
überaus großen Aufgabe gerecht zu werden. Sie hatte nicht nur die zahlreichen
feindlichen Batterien niederzuhalten, sondern mußte auch bei der Abwehr der
die Col di La na - Kämpfe begleitenden, gegen die übrigen Teile des G. U. A.
gerichteten feindlichen Angriffe mitwirken. Zudem herrfchte während dieser
Kampfperiode ein empfindlicher Munitionsmangel, ein Hauptgrund für die
Aktionsbeschränkung der braven Schwesterwaffe. Das Schicksal der I n s a n -
t e r i e st e l l u n g war übrigens bereits mit dem Falle des Stützpunktes 2250 und
hauptsächlichst der Felsen wache besiegelt, da damit auch die nötigen Vor-
bedingungen für die Behauptung dieses exponierten Punktes fehlten.
Die Haltung der Verteidiger, inbegriffen die Bedienung der deutschen
GbMGA. 202 und 209, war über alles Lob erhaben. Sie haben zur! Verteidigung
des ihnen anvertrauten Bodens ihr Bestes, ihr Leben geopfert.
Die Verlusttabelle zeigt, welch' schwere Opfer in diesem heißen Ringen
gebracht wurden. Die Verlustziffer erhöht sich noch um ein Bedeuteildes, weil die
Verluste der Abteilungen des 4. TJR., die ja ebenfalls an den Kämpfen teil-
nahmen, zum großen Teile nicht festgestellt wurden.
Mit dem Fall der I n s a n t e r i e st e l l u n g war aber erst ein Teil der
heißen Kämpfe um den Col di La na beendet, die mit Recht zu den
blutigsten und hartnäckigsten der ganzen Tirolerfront zählen. Die außerordent-
lich zähe und tapfere Verteidigung durch die alpenländifchen Truppen kostete
den Italienern außerordentlich schwere Opfer, so daß sie schließlich den Berg,
den sie im Kampfe Mann gegen Mann nicht erobern konnten, unterminierten
und mitsamt der heldenhaften, wie auf einem Vulkan ausharrenden Besatzung
(des 2. TJR.) im April 1916 in die Luft sprengten.