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V e i t h
furchtbarem Kampfe — von den 1197 gefangenen Italienern war ein
guter Teil wahnsinnig — wieder in unsere Hände.
Mit der vierten Schlacht schloß d;e erste Episode der Isonzokämpfe.
Sie hatte nach Durchführung der unter dem schweren Drucke der An¬
griffe selbstverständlichen Stellungskorrekturen eine vorläufige Stabili¬
sierung der Fronten gebracht. Die Verluste waren auf beiden Seitensehr
schwer; auf beiden Seiten mochte man sich eingestehen, daß die Sache
viel, viel ernster geworden war, als man erwartet hatte. Die Italiener
sprachen nicht mehr vom Spaziergang nach Wien; aber auch für die
Österreicher war der Isonzo etwas ganz anderes geworden als Novara
und Custoza. Die Walstatt am Isonzo hatte sich zu einer Hölle ent¬
wickelt, wie für die Deutschen die schlimmsten Teile der Westfront,
denen gegenüber die Abberufung auf einen beliebigen änderen Kriegs¬
schauplatz schon Retablierung, Ruhe und Erholung bedeutete. Man hat
über diese Parallele viel debattiert. Es ist kein Zweifel, daß der Isonzo
in allem Wesentlichen die Furchtbarkeit der Champagne, der Somme
und des Ypernbogens erreicht hat. Mögen die Angriffsmittel im Westen
noch gewaltiger gewesen sein: man darf nicht vergessen, daß uns zur
Abwehr lange nicht dieselben technischen Hilfsmittel zu Gebote standen
wie den Deutschen, und — gestehen wir es offen — auch nicht dasselbe
Organisationstalent; Schwere Verluste, ungeheure Leiden hätten er^
spart werden können, wenn es immer gleich gelungen wäre, die richtigen
Gegenmaßregeln nicht nur zu erkennen, sondern auch rücksichtslos und
unbeirrt sofort durchzuführen. Am schwersten trifft d:eser Vorwurf viel¬
leicht die Truppe selbst, obwohl gerade sie am meisten darunter zu
leiden hatte. Tausende und Abertausende sind in den beiden ersten
Schlachten zugrunde gegangen, nur weil sie einfach — sagen wir — zu
schwerfällig waren, sich im Steine rechtzeitig und ordentlich einzu¬
graben. Leicht war es freilich nicht, aber die mangelnde Unterscheidung
von „schwer" und „unmöglich" war es ja eben, die uns Österreichern
immer wieder zum Verhängnis wurde. Und doch lag gerade die furcht¬
barste Eigenschaft des Isonzokampfes, die ihn in dieser Hinsicht über
alle Abschnitte der deutschen Westfront erhob, in der durch die Karst-
eigeñtümlichkeiten bedingten schweren Bearbeitung des Bodens und der
Potenzierung der Artilleriewirkung durch splitternde Steine; dann aller¬
dings auch in der Wasserarmut und nicht zuletzt im Klima. So ist der
Isonzo zur Hölle geworden, zu unserer „Westfront", und zur schwersten
Enttäuschung für alle, die sich vom Kampf gegen Italien den ersehnten
„frischen fröhlichen Krieg" versprochen hatten.