IO
V e i t h
regimentes Nr. 28 „König von Italien", das auf dem nördlichen Kriegs¬
schauplatz wegen Verrates seine Fahne verloren, hatte ihn in bravou¬
rösem Sturm zurückgewonnen und bis zum Eintreffen weiterer Reserven
gegen eine gar nicht abzuschätzende Ubermacht gehalten.
Die Kämpfe in jenem Abschnitte zeitigten überhaupt Bilder einer
über alle Vorstellung hinausgehenden kriegerischen Wildheit. Wohl
waren die Deckungen vor der Schlacht mit allerhand technischen Mitteln
leidlich ausgestaltet worden; aber, vom rasenden Trommelfeuer ein¬
geebnet, konnten sie im andauernden Kampfe nicht wieder erneuert
werden. Hier ward die aus grauem Altertum als grausige Sage über¬
lieferte Ungeheuerlichkeit zur Tatsache, daß schließlich die feindlichen
Leichen zur Ausbesserung der Deckung Verwendung fanden.
Immerhin war es den Italienern gelungen, den äußersten Plateau¬
rand beiderseits von Sagrado dauernd in die Hand zu bekommen; in
dem ausspringenden Winkel des gewonnenen Raumes stellten sie eine
Feldbatterie auf, die die anschließenden Abschnitte unserer Front emp¬
findlich flankierte. Die Stellung dieser Batterie war räumlich äußerst
beschränkt und unserer Artillerie genau bekannt; und so vernichtete
Tag für Tag ein eigens dazu bestimmter 30.5 Mörser die lästige „Laus
im Pelz". Und Tag für Tag wurde sie von den Italienern wieder ersetzt.
Unsere Telephon-Abhorchapparate — in die feindlichen Hindernisse ein¬
gegrabene Konservenbüchsen — vermittelten uns die ergreifenden Ab¬
schiedsworte, welche den Todgeweihten von ihren Kameraden gewidmet
wurden. In diesem Stile ist am Isonzo gekämpft worden.
In den Reihen der k. u. k. Truppen wütete außer den italienischen
Geschossen damals noch ein anderer Feind, die Cholera, die das
VII. Korps aus den Karpathen mitgebracht hatte, und die gerade in der
zweiten Schlacht zum schwersten Ausbruch kam. Sie steigerte die Lage
erst zur vollen Grauenhaftigkeit. Aus den exponierten, vielfach un¬
fertigen Deckungen der vordersten Kampflinien konnten Erkrankte oft
tagelang nicht zurückgebracht werden; die Gesunden mußten neben
den Verseuchten ausharren, die Begleiterscheinungen der Krankheit
Körper an Körper über sich ergehen lassen, neben den von Granaten
zerschmetterten Leichnamen der Gestorbenen Stunden und Tage ver¬
bringen. Die noch nicht überall fertiggestellte Ausgestaltung der Stel
lung und die darin wütende Cholera haben die zweite Isonzoschlacht in
vieler Hinsicht zur furchtbarsten gemacht. Die Verluste waren sehr
hoch, obwohl der eigentliche Kampfraum auf die Front von Monte San
Michele bis Selz beschränkt blieb. Südlich davon erstickte eine in der