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davon ab, wie sich die Heeresleitung auf den weniger wichtigeren Schlacht¬
feldern mit schwachen Kräften abzufinden vermag, wie sie dort mit ihnen
hauszuhalten versteht. Golowin verweist auf Napoleon 1796 bei Mantua.
Doch drohte der Anmarsch der russischen 3. Armee auf Rawa-Ruska
und Mosty-Wielkie die Lage für den Russen zu retten. Nach General
Golowin konnte General v. Conrad zur Abwehr dieses Vorgehens das
11. und 3. Korps der k. u. k. 3. Armee und die ll.HKD. in den Raum
Rawa-Ruska und Mosty-Wielkie heranziehen. Dies war möglich, wenn
General v.Conrad die 3. und 2. Armee in die Abwehrstellung Were-
szyca—Grodeker Teiche zurücknahm, Das Anhalten des rechten Flügels
der russischen 3. Armee durch deren Oberbefehlshaber, General Rußki,
bei Kamionka-Strumiíowa und Zelichow gab General v. Conrad die volle
Möglichkeit, den Rückzug der 3. Armee in nordwestlicher Richtung
durchzuführen. Die Nachhuten des 3. und 11. Korps vermochten, wenn
sie sich nicht in einen entscheidenden Kampf einließen, die Vorrückung
der russischen 3. Armee bei Rawa-Ruska um etwa fünf bis sechs Tage
aufzuhalten, bis die Schlacht bei Komarów entschieden war.
Aber der Leiter der Operationen bei dem k. u. k. Heere, bedeutet
General Golowin, sei in diesen Tagen nicht auf der notwendigen Höhe
der Kriegskunst gestanden. Er brachte nicht die Entschlossenheit auf,
jetzt schon seine östliche Heeresgruppe bis in die Wereszyca-Stellung
zurückzuführen und so vom Feinde abzusetzen. Ihm schien es bedauerlich,
Lemberg räumen zu müssen. General Golowin glaubt, daß die falsche
Einschätzung der Güte der russischen Truppen den General v. Conrad
davon abgehalten hätte, der k. u. k. 4. Armee Verstärkungen zuzuschie¬
ben. So habe er geglaubt, daß die 12 k. u. k. Infanteriedivisionen der
k. u. k. 4. Armee die 7^2 Infanteriedivisionen der russischen 5. Armee
zu schlagen vermochten. Dies sei ein großer Irrtum gewesen. General
Golowin ist von der Güte der russischen Truppen sehr stark einge¬
nommen. Er verfällt in das Gegenteil des Fehlers, den er dem General
v. Conrad vorhält, er überschätzt seine Landsleute.
Mit Bedauern stellt er weiter fest, daß General v. Conrad am
28. August die Kräfte, die bei Komarów den Sieg und die Entscheidung
für die k. u. k. Waffen bringen konnten, der 3. Armee zuschob und sie
bei Lemberg festlegte (Österreich-Ungarns letzter Krieg, Seite 202 und
220). Weiter setzte Conrad ein Kavalleriekorps zur Sicherung der inneren
Flügel der k. u. k. 3. und 4. Armee ein. Aber dieses Korps war nach Golo¬
win viel zu schwach und nicht imstande, den Vormarsch der russischen