Verlustkalkül für den Karpathenwinter 1915
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Die Vertretungskörper der beiden Reichshälften Österreich und
Ungarn hatten der Heeresleitung immer die Fixierung des Friedens¬
standes versagt. Im Grunde in der Absicht, die jährliche Bewilligung
des Rekrutenkontingentes zur Durchsetzung anderer Forderungen aus¬
zunützen.
Die jährlichen geringen Neueinstellungen — nur rund 150.000 Mann
für Heer und beide Landwehren und selbst diese geringe Zahl erst seit
wenigen Jahren — hatten in einer Zeit unzulängliche Ausbildungs- und
sinkende Stände an vollausgebildeten Reservistenjahrgängen zur Folge,
wo ringsum extensive Entwicklung des Heereswesens herrschte.
So trat die k. u. k. Armee — zum wesentlichen Unterschied von allen
anderen Heeren des Kontinents — mit ersten Feldkompagnien und Feld¬
batterien schon in die Augustkämpfe 1914, die auch Minderausgebildete
in ihre Reihen aufnehmen mußten.
Unzweifelhaft, daß sich dies in geringerer Geschicklichkeit des
Mannes und der Abteilungen äußerte, die körperliche und disziplinäre
Schwäche vieler einzelner den Ständeschwund auf Märschen und im
Gefechte förderte.
Nach Kriegsausbruch standen dann Mannschaften in übergroßer
Zahl und mit den besten Vorbedingungen zum Soldaten zur Verfügung.
Die Versäumnisse des Friedens ließen sich aber bei aller Anstrengung
der Ersatzkörper und Willigkeit der Mannschaften nicht mehr aus¬
gleichen, da der Verbrauch an der Front die Zeit kürzte, die zur Aus¬
bildung der Ersätze verwendet werden konnte.
So verschwammen im Winter 1915 Ursache und Wirkung, sich
gegenseitig steigernd. Die Verluste an der Front machten baldigen Ein¬
satz der Marschformationen nötig. Sie mußten öfter kaum fertig, den
Schwierigkeiten des Winterfeldzuges im Gebirge ausgesetzt werden und
erlitten bald bedeutende Marsch-, Gefechts- und Krankenverluste, die
wieder den Ruf nach neuen Ersätzen zur Stärkung der Kampfkraft
auslösten.
Er wirkte sich im ehesten Antransport der nächsten Marschforma¬
tionen aus, denen jene Mittel gekürzt werden mußten, die allein imstande
gewesen wären, dem Einzelnen und den Abteilungen festeren Halt,
größere Widerstandskraft gegen den Ständeschwund zu geben: eine
längere intensive Ausbildung mit Trainierung der Körpers und Festi¬
gung der Disziplin.