Die Frist für die Annahme der Bedingungen
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Beide Vertragsentwürfe wären sodann mit entsprechenden Erläuterun¬
gen zu veröffentlichen. Mittags kam der Bericht in Baden an.
Auf italienischer Seite berichtete GLt. Diaz am Allerseelentage dem
in Paris weilenden Minisfcerpräsidenten Orlando über das bisherige Er¬
gebnis der Zusammenkunft mit der öst.-ung. Mission und fragte an, ob
die Bedingungen im Hinblick auf die günstig fortschreitenden Operationen
des italienischen Heeres nicht abgeändert werden könnten. Orlando ant¬
wortete, -die Alliierten hätten beschlossen, daß Österreich-Ungarn die
Bedingungen bis zum 3. November 12h nachts annehmen müsse. Jede Bitte
der k. u. k. Heeresleitung, die Bedingungen abzuändern oder zu mildern,
wäre einer Ablehnung gleichzusetzen1).
Am Nachmittag erhielt die öst.-ung. Mission von den Italienern drei
überaus wichtige Mitteilungen. Zunächst kam um 4h 50 nachm. eine Zu¬
schrift des GLt. Diaz, daß die italienische Regierung im Einvernehmen
mit den alliierten Regierungen die Zeit zur Annahme der Bedingungen
mit Mitternacht vom 3. ;auf den 4.November befristet habe Kurz darauf,
um 5h, wurde dem Gdl. Weber der mittlerweile aus Paris eingelangte
maßgebende französische Vertragstext (conditions d'un armistice avec
l'Autriche-Hongrie) übergeben. Er stimmte, wie Weber feststellte, mit
den bereits dem AOK. gemeldeten Bedingungen fast völlig überein. Nur
bei wenigen Punkten waren Abweichungen zu berichtigen, die in der
Hauptsache auf Verstümmelungen der drahtlich überlieferten, italieni¬
schen Fassung zurückgingen. Die erste Bedingung lautete unverändert:
„Cessation immédiate des hostilités sur terre, fsur mer et dans l'air2)."
Endlich wurde der öst.-ung. Delegation noch eröffnet, daß „der italieni¬
sche Chef des Generalstabes, GLt. Diaz, seitens der Entente und der Ver¬
einigten Staaten mit dem Abschluß des Waffenstillstandes an sämtlichen
Fronten Österreich-Ungarns betraut3)" worden sei. An der Balkan- oder
der rumänischen Front würden Unterhändler nicht empfangen werden;
ein in Padua ¡abgeschlossener Waffenstillstand müsse daher für alle
Fronten gelten.
Für die Arbeit der öst.-ung. Kommission erlangte aber noch eine an¬
dere Nachricht einschneidende Bedeutung. Um 6 h nachm. verständigte die
italienische Heeresleitung den k. u. k. General, im Etschtale seien hef¬
tige Kämpfe im Gange; daher sei weder eine Kurierverbindung nach
Trient möglich, noch könne auf eine Rückkehr der dorthin entsandten
1) Valori, 499 f.
2) Sofortige Einstellung der Feindseligkeiten zu Land, zur See und in der Luft.
3) Kerchnawe, Zusammenbruch, 150.