Volltext: Das Kriegsjahr 1918 ; 7. Das Kriegsjahr 1918 ; [Textbd.] ; (7. Das Kriegsjahr 1918 ; [Textbd.] ;)

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Österreich-Ungarns Wehrmacht in den zwei letzten Kriegsjahren 
Juni 517.000 Heimkehrer die öst.-ung. Linien, aber bis sie neuerlich 
an die Front abgehen konnten, verstrichen mit dem verwickelten Vor¬ 
gang ihrer Übernahme und mit einer unerläßlichen militärischen Nach¬ 
schulung mindestens vier bis fünf Monate. Es kamen daher erst bei den 
XLI. Marschbataillonen Heimkehrer in größerer Zahl zur Einteilung 
in Betracht. 
Überhaupt durften die Heimkehrer — abgesehen von politischen 
Erwägungen — nicht allzu sehr als Kraftzuwachs für das kämpfende 
Heer gewertet werden. Denn ihrer Rückkehr mußte über kurz oder 
lang die entgegengesetzte Bewegung zahlreicher russischer Kriegs¬ 
gefangener folgen, die aber als Arbeitskräfte eine überaus wichtige 
ländern der Monarchie sowie in den besetzten Gebieten waren an allen aus Rußland 
und aus Rumänien heranführenden Verkehrswegen Heimkehrer-Übernahmsstellen und 
Heimkehrerlager errichtet worden, in denen die Rückgekehrten nach Entlausung und 
ärztlicher Untersuchung zunächst 14 Tage unter sanitär-prophylaktischer Quarantäne 
gehalten und dann 10 Tage lang einer disziplinaren Nachschulung unterworfen 
wurden. Von hier kamen die Heimkehrer im Wege von „Austauschsammelstellen" zu 
ihren Ersatzkörpern, wo sie in eigene „Heimkehrer-Ersatzkompagnien" eingeteilt und 
sodann nach Durchführung eines in der Regel abgekürzten Rechtfertigungsverfah¬ 
rens auf acht oder zwölf Wochen beurlaubt wurden. 
Eine so bedeutende, in diesem Umfange ohne Beispiel dastehende Bewegung 
konnte nicht ohne mannigfache Reibungen vor sich gehen. An manchen Orten er¬ 
wiesen sich die getroffenen Vorsorgen für Unterkunft und Verpflegung als unzu¬ 
reichend. Zuweilen wußten ausbeuterische Elemente den Leuten mit allerlei 
Schaudermärchen über die zu erwartende Behandlung in den Lagern ihre geringe 
persönliche Habe abzuschwatzen. Der im großen doch recht mißtrauische Empfang 
wurde häufig mit Recht als kränkend empfunden, und die ganze, zwar notwendige, 
aber für den endlich nach wirklicher Heimkehr drängenden Mann doch viel zu 
langwierig erscheinende Prozedur weckte oder verstärkte erbitterte Gefühle gegen 
den Staat. Bei der Erinnerung an die Leiden der Kriegsgefangenschaft mochte man¬ 
chen die Vorstellung, noch einmal ins Feld ziehen zu sollen, mit Widerwillen gegen 
Soldatentuni und Krieg erfüllen. Das war besonders bei jenen der Fall, bei denen 
die bolschewikische Propaganda nicht ohne Wirkung geblieben war. Fand der 
Heimkehrer dann daheim Elend und Not oder ein zerstörtes Familienleben vor, 
so steigerte dies in vielen Fällen noch seine Unlust zu diszipliniertem Soldatentum. 
Solche Elemente rückten dann nach beendetem Urlaub -nicht mehr zum Ersatz- 
körper ein, sondern vermehrten die zahlreichen Stellungs- und Fahnenflüchtigen in 
Stadt und Land, die von der Bevölkerung teils aus Sympathie, teils aus Furcht 
verborgen gehalten wurden. Manchenorts — insbesondere aber im Süden der Monarchie 
— bildeten sich in den Wäldern aus bewaffneten Deserteuren Räuberbanden („zeleni 
kadr" — grüne Kader), die das Land in Angst und Schrecken versetzten, und denen 
man auch mit Streifzügen durch Militär- und Gendarmerieabteilungen kaum bei¬ 
kommen konnte.
	        
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