Volltext: Das Kriegsjahr 1918 ; 7. Das Kriegsjahr 1918 ; [Textbd.] ; (7. Das Kriegsjahr 1918 ; [Textbd.] ;)

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Österreich-Ungarns Wehrmacht in den zwei letzten Kriegs jähren 
Unter diesen Umständen mußten zwar die verschiedenen „Aktio¬ 
nen" des Chefs des Ersatzwesens, wie die Austauschaktion, die Verrin¬ 
gerung der Stände vieler Einrichtungen1), die Verwendung von Waffen- 
unfähigen und von Frauen zu Hilfsdiensten in verstärktem Maße fort¬ 
geführt werden; sie konnten aber keineswegs den Bedarf für 1918 
decken. Nach Berechnungen des Chefs des Ersatzwesens fehlten min¬ 
destens 600.000 Mann, die zur Gänze überhaupt nicht mehr, aber zu 
einem kleineren Teil wenigstens nur durch Beschränkung der Zahl der 
Enthobenen und der „Kommandierten" aufgebracht werden konnten2). 
Die Heranziehung eines größeren Teiles dieser, aus den leistungs¬ 
fähigsten und kräftigsten Männern bestehenden Reserve zum Waffen¬ 
dienste war bisher immer daran gescheitert, daß die Regierungen, sehr 
besorgt um die Aufrechterhaltung der gefährdeten Kriegswirtschaft, nur 
solche Enthobene freigeben wollten, deren Entbehrlichkeit in jedem 
Einzelfalle festgestellt worden war. Diese „individuelle Revision" be¬ 
anspruchte einen großen Apparat, viel Zeit, und führte aus begreiflichen 
Gründen dennoch zu keinem Erfolg. 
Aber auch, als im Februar 1918 die Not doch zu einer „generellen 
Aufhebung" der Enthebungen vorerst der sechs jüngsten Jahrgänge 
zwang, gab es beträchtliche Schwierigkeiten und Hindernisse. Zahlreiche 
Ausnahmen waren nicht zu vermeiden; die Enthobenen der Landwirt¬ 
schaft mußten teils später einberufen, teils bald wieder beurlaubt wer¬ 
den. Viele staatliche und wirtschaftliche Stellen fürchteten eine Lähmung 
wichtigem Arbeitszweige. Schon tauchte die Frage auf, ob nicht die 
Gefahr eines wirtschaftlichen Zusammenbruches größer sei als die 
eines allmählichen Versiegens der Ersätze. 
Tatsächlich waren manche Arbeitergruppen in vielen Betrieben 
einfach unersetzbar, und einzelnen lebenswichtigen Unternehmungen, 
wie den Hüttenbetrieben, den Flugzeug- und Automobilfabriken mußten 
die qualifizierten Arbeiter — auch der einberufenen Jahrgänge — 
grundsätzlich belassen werden. In manchen Zweigen der Kriegsindustrie 
ging die Einziehung der Enthobenen etwas leichter vor sich, weil seit 
*) Sogar die Stände der Infanterie wurden noch einmal um 100 Mann bei jedem 
Bataillon herabgesetzt. 
2) Ende 1917 gab es in der öst.-ung. Monarchie 1,256.000 Enthobene und 
448.000 in verschiedenen Wirtschaftsbetrieben „Kommandierte". Von diesen rund 
1,7 Millionen Männern arbeiteten 24. v. H. in der Land- und Forstwirtschaft, 40 v. H. 
in etwa 7000 Betrieben der Kriegsindustrie und in Bergwerken, 22 v. H. im Bahn-, 
Schiffs-, Post- und Telegraphendienste, der Rest, 14 v. H., in öffentlichen und son¬ 
stigen Diensten.
	        
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